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45Soziale
Beziehungen, soziales Kapital und soziale Netzwerke …
Beziehungen. Zunächst repräsentieren soziale Netzwerke die Struktur, innerhalb
welcher soziale Unterstützung und soziale Integration stattfinden können. Durch
ihre Beschaffenheit ermöglichen oder verhindern soziale Netzwerke die Ent-
stehung und die Verbreitung von sozialem Kapital. Anhand sozialer Netzwerke
kann die strukturelle Bedingtheit sozialer Unterstützung gezeigt werden, in wel-
chem Grad Individuen miteinander in Kontakt sind, wie weit diese Beziehungen
reichen und wie dauerhaft diese ausgeprägt sind. Ebenso lassen sich qualitative
Aspekte erfassen: die Intensität der Interaktionen, die verfügbaren Ressourcen
zwischen Netzwerkmitgliedern oder auch die Normen und Werte und deren Ent-
sprechung innerhalb von Netzwerken lassen Rückschlüsse auf die Qualität der
Netzwerke zu. Insofern fließen in ein solches Verständnis auch Aspekte des sozia-
len Kapitals ein, in welchem postuliert wird, dass nicht nur die nahestehenden
Kontakte Ressourcen zur Verfügung stellen, sondern dass dies insbesondere über
schwache Verbindungen geschehen kann (weak ties).
Ebenso lassen sich Netzwerke auf unterschiedlichen Ebenen analysieren. In
einer Mikro-Ebene lassen sich Kontakte zwischen Ego und verschiedenen Alteri
analysieren, bei denen auch die Verbindungen der Alteri untereinander erfasst
werden. Ein solches Verständnis geht über eine reine Erfassung von sozialen
Kontakten hinaus. Auf einer Meso-Ebene können diese Netzwerke für grö-
ßere Gruppen oder kleinräumige Gebiete wie Schulen oder Nachbarschaften
gemessen werden. Aus einer solchen Perspektive lassen sich Rückschlüsse
über Verbindungen zwischen Netzwerken ziehen. Zentraler Nachteil eines so
umfassenden Verständnisses sozialer Netzwerke ist der methodische Aufwand, der
zur Erfassung sozialer Netzwerke notwendig ist (siehe Kap. „Netzwerkanalyse“).
Der Aspekt der Messung und Erhebung so umfassend verstandener sozialer
Netzwerke ist ein wichtiger Aspekt der vorliegenden Arbeit. Viele der bisherigen
Arbeiten, insbesondere im Zusammenhang mit der Untersuchung von gesundheit-
lichen Ungleichheiten, konnten den Ansprüchen komplexer sozialer Netzwerke
nicht genügen, da sie sich häufig auf quantitative Aspekte sozialer Netzwerke
(etwa die Anzahl von Kontakten) oder auf soziale Unterstützung ohne Berück-
sichtigung anderer Mitglieder der sozialen Netzwerke (Alteri) konzentriert
haben. Für eine komplexe Analyse sozialer Netzwerke im Zusammenhang mit
gesundheitlichen Ungleichheiten fehlen neben einem gemeinsamen begrifflichen
Verständnis auch entsprechende Daten. An dieser Stelle soll der vorliegende
Sammelband aufzeigen, welche Möglichkeiten sich für die Forschung zu gesund-
heitlichen Ungleichheiten aus einem komplexeren Verständnis von sozialen Netz-
werken ergeben könnten und an welchen „Leerstellen“ bisheriger Forschung mit
neuen Erkenntnissen gerechnet werden könnte.
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369