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53Netzwerktheorie(n)
– Ein Überblick
1.2 Netzwerktheorien der mittleren Reichweite
Neben den bereits erwähnten „Grand Theories“ existieren auch kleinere „relation-
theoretische Ansätze“ mittlerer Reichweite. Deren Fokus liegt zwar auch auf den
sozialen Beziehungen und ihren Strukturen, diese Erklärungsmodelle sind jedoch
enger gefasst. Zum Teil können die hier folgenden Ansätze auch unter diese grö-
ßeren Theorien subsumiert werden. Es sind theoretische Konzepte, die explizit
aus der Netzwerkforschung stammen und auf dieses spezifische Forschungs-
feld beschränkt sind. Diese können, bevor eine Studie durchgeführt wird, helfen,
Forschungsfragen zu konzipieren, oder auch Ergebnisse zu interpretieren. Einige
möchten wir im folgenden Kapitel vorstellen. Dabei haben wir uns für Konzepte
entschieden, die in vielen Studien auch empirisch umgesetzt werden. Hierbei
handelt es sich nicht um eine vollständige Liste von Konzepten, vielmehr bietet
die Auflistung einen Einblick in die konzeptionellen Herangehensweisen. Dar-
unter fallen die theoretischen Ansätze, wie beispielsweise von starken und schwa-
chen Beziehungen, strukturellen Löchern, Homophilie, Beliebtheit, Reziprozität,
Balance-Theorie und Cliquen. Viele dieser Ideen werden im Kap. „Netzwerkana-
lyse – eine methodische Annäherung“ wieder aufgegriffen.
1.2.1 Strong/weak ties
Ein sehr wichtiges relationales Konzept geht auf Granovetter (1973) zurück. In
seinem Ansatz unterscheidet der Soziologe zwei Arten von Beziehungen anhand
ihrer Intensität: starke (strong) und schwache (weak) Beziehungen (ties). Die Dif-
ferenzierung zwischen starken und schwachen Beziehungen ist demnach „(pro-
bably linear) combination of the amount of time, the emotional intensity, the
intimacy (mutual confiding) and the reciprocal services […]“ (Granovetter 1973,
S. 1361). Starke Relationen sind geprägt durch beispielsweise Reziprozität, hohe
Kontaktintensität, hohe Intimität und Emotion sowie Vertrauen. Darunter fallen
z. B. Familienmitglieder oder auch gute Freund*innen. „Weak ties“ hingegen
sind lose Beziehungen mit z. B. geringer Kontaktfrequenz, geringer Intimität und
Multiplexität. Zu nennen wären hier beispielsweise Urlaubsbekanntschaften, Kol-
leg*innen und lose Bekanntschaften. Während starke Beziehungen für Aspekte,
wie z. B. emotionale Unterstützung von Bedeutung sind, konnte Granovetter zei-
gen, dass schwache Beziehungen ihren ganz eigenen Nutzen besitzen. Sie ermög-
lichen einen Zugang zu neuen Informationen und Ressourcen, die nicht aus dem
sozialen Nahbereich kommen, da diese, anders als starke Beziehungen, Brücken
in andere Subgraphen schlagen (siehe Abb. 1). Dies ist damit begründet, dass
diese Beziehungen Pfaddistanzen reduzieren und man dadurch mit Personen in
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369