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56 M. Gamper
In der Gesundheitsforschung findet man diese Theorie nur selten wieder. Zu
nennen wäre z. B. die egozentrierte Studie von Cornwell (2009). Der Autor geht
der Frage nach, inwieweit sich der Gesundheitszustand auf die Überbrückung sol-
cher strukturellen Löcher auswirkt. Dabei stellt der Autor fest, dass kognitive und
funktionelle Gesundheit positiv signifikant mit der Überbrückung solche Löcher
verbunden sind. Die Studie von Schafer (2013) geht hier einer ähnlichen Frage
nach und unterstützt die Ergebnisse von Cornwell (2009).
1.2.3 Homophilie (Einfluss/Selektion)
Ein wichtiges Konzept in der Netzwerkforschung ist das der Homophilie. Der
Begriff, wie wir ihn heute kennen, stammt von Lazarsfeld und Merton (1954),
die Beobachtungen klassischer Netzwerkstudien und Forschungen der Ethno-
logie zur Ehebildung miteinander verbanden. Vereinfacht bedeutet dies: „Gleich
und gleich gesellt sich gern“. Hierbei unterscheiden die beiden Autoren zwi-
schen „status homophily“ und „value homophily“. Erstere bezieht sich sowohl
auf zugeschriebene Merkmale wie beispielsweise Ethnie, Geschlecht als auch auf
Religion und Bildung. „Value homophily“ bezieht auch auf Personen, die ähn-
liche Einstellungen oder Denkweisen besitzen, losgelöst von Status der jewei-
ligen Person. Hinsichtlich der Netzwerke bedeutet dies, dass sich Menschen
Beziehungen zu Personen aufbauen, die einen ähnlich sind. McPherson et al.
(2001) stellen dabei fest, dass besonders Ethnie, Alter, Religionszugehörigkeit,
Bildung, Geschlecht und Beruf Faktoren sind, die innerhalb von Netzwerken
wichtig sind: „Homophily in race and ethnicity creates the strongest divides in
our personal environments, with age, religion, education, occupation, and gen-
der following in roughly that order“ (McPherson et al. 2001, S. 415). Wie es
zur Herstellung von Homophilie in Netzwerken kommt, kann anhand zweier
unterschiedlicher Prozesse erklärt werden. Zum einen geschieht dies durch
Selektionsprozesse. Hier suchen sich die Akteur*innen, die sich aufgrund von
einem oder mehreren Attributen ähnlich sind, gegenseitig aus und bilden ein
Netzwerk. Zum anderen können sich Akteur*innen suchen, die sich in einem
oder mehreren Merkmalen unterscheiden, sich aber im Austausch immer mehr
angleichen (Knecht 2008). Auch wenn das Ergebnis ein hoher Homophilie-Wert
ist, sind die Prozesse doch different. In der Gesundheitsforschung geht man bei-
spielsweise der Frage nach, inwieweit sich Jugendliche in ihrem Rauchverhalten
beeinflussen oder sich selektiv zusammentun (Knecht 2008). Um diese beiden
genannten Effekte empirisch unterscheiden zu können, sind zwei Messzeitpunkte
notwendig.
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369