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73Wirkmechanismen
in sozialen Netzwerken
von 15,1 % auf 13,3 % reduzierte; dasselbe Schild in der Kontrollbedingungen
mit dem Hinweis, dass „über 90 % aller Personen hier die Treppen nutzen“ aber
signifikant stärker, nämlich von 15,3 % auf 8,2 %.
Individuen können dabei beobachtete Verhaltens- und Handlungsmodelle
von anderen freilich (bewusst oder unbewusst) annehmen, zurückweisen oder
aber die Konsequenzen verschiedener Handlungen am „Modell“ vor Augen
geführt bekommen. Soziales Lernen führt dann zur individuellen Verhaltens-
änderung, wenn Beobachtungen, Informationsweitergabe und/oder Diskussionen
innerhalb eines Netzwerkes die Ansichten von Individuen über die Machbar-
keit und die Konsequenzen bestimmter Handlungen und damit die eigenen Ein-
stellungen und Intentionen bzw. Handlungsabsichten verändern. Im Bereich von
Verhaltensinnovationen, z. B. dem Folgen eines neuen „Gesundheitstrends“,
sind Individuen, abhängig von ihrer sozialen Position im Netzwerk sowie ihrer
Persönlichkeit, in unterschiedlicher Weise und Intensität empfänglich (suscepti-
ble, Nezlek und Smith 2017), zurückhaltend oder ablehnend (vgl. Rogers 2003).
Soziales Lernen ist aus einer Netzwerkperspektive von der Art und Weise
der Beziehungen und der Beziehungsstruktur in einem Netzwerk abhängig.
Zahlreiche Studien im Bereich der Verbreitung von Informationen sowie tech-
nischer und sozialer Innovationen haben gezeigt, dass insbesondere schwache
Beziehungen und weniger dichte Netzwerke bzw. Teilbereiche von Netzwerken
eine besondere Bedeutung bei der Verbreitung von neuen Informationen bzw.
Innovationen haben (engl. diffusion of innovation, z. B. Granovetter 1974; Rogers
2003).
Sozialer Druck (social pressure, bisweilen auch norm enforcement oder
injunctive norms, Nolan 2017) ist ein in Soziologie und Sozialpsychologie eta-
blierter Begriff, der den Vorgang bezeichnet, dass individuelle Akteure durch
soziale Interaktionen unmittelbar dazu gebracht werden, konform mit den in
einer Referenzgruppe akzeptierten sozialen Normen zu handeln, etwa um damit
Anerkennung in der Gruppe zu gewinnen oder auch Konflikte mit ihren peers zu
vermeiden (vgl. die klassischen Arbeiten von Festinger et al. 1950; Asch 1955
hierzu). Soziale Normen können dabei kulturübergreifend gelten, für bestimmte
Kulturen oder Institutionen/Organisationen spezifisch sein, mehr oder weniger
explizit formuliert und in höherem oder geringerem Maße akzeptiert sein. Nor-
men können sich, wie etwa die Erwartungen, die an bestimmte Geschlechter-
rollen geknüpft sind, über die Zeit verändern (vgl. z. B. Popitz 2006). Die Chance
zur Abweichung von Normen (und damit auch für Innovationen) sind in stark ver-
netzten, besonders dichten und überschaubaren Netzwerken geringer, weil sie von
sozial ähnlichen Akteuren geteilt und weil Sanktionsmechanismen leichter ein-
gesetzt werden können, um normgerechtes Verhalten einzufordern.
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369