Page - 79 - in Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung
Image of the Page - 79 -
Text of the Page - 79 -
79Wirkmechanismen
in sozialen Netzwerken
Erachtens in der geringen Integration der verschiedenen beteiligten Disziplinen
seine Ursache. Auch Heesacker (2017) führt dies auf die bisherige Distanz der
beteiligten Disziplinen zurück: „Arguably the most important future direction in
this area is refocusing the efforts of social influence scholars back onto clinical
applications of social influence theory and research“ (S. 373).
So sind die von uns gewählten vier Sammelbegriffe durchaus heuristisch nütz-
lich, um das unübersichtliche Feld sozialer Wirkmechanismen in Beziehungs-
netzen zu strukturieren. Wir haben hierbei zunächst festgestellt, dass soziale
Unterstützung als Sammelbegriff Gesamtpakete übergreifender Unterstützungs-
leistungen für das Individuum bezeichnet (siehe dazu auch Kap. „Soziale
Beziehungen, soziales Kapital und soziale Netzwerke“). Während es zu diesem
Sammelbegriff bereits metaanalytische Belege gibt, die sich allerdings in der
numerische Stärke der festgestellten Gesundheitseffekte weiterhin unterscheiden
(zwischen schwachen bis mittleren Effekten), verbleiben insbesondere zwei
Aspekte als Forschungsdesiderata. Zum einen bleibt es weiter unklar, ob es sich
bei sozialer Unterstützung um ursächliche, konkomitante (Mediator-/Moderator-)
oder resultierende Variablen von gesundheitlichen Ungleichheiten handelt. Dies
ist also die Frage nach dem konzeptuellen Ort von sozialer Unterstützung in der
Forschung zu gesundheitlichen Ungleichheiten. Zum anderen bleibt die Frage
nach den konkreten Teileffekten von unterschiedlichen Netzwerksegmenten zu
klären. Wie wir gesehen haben, scheinen bisweilen spezifische Unterstützungs-
leistungen konkreter Teilbereiche eines Netzwerkes durchweg positive, andere
Leistungen anderer Teilbereiche aber auch negative Gesundheitseffekte haben zu
können. Hier besteht Klärungsbedarf.
In Bezug auf den Sammelbegriff des sozialen Einflusses als Oberbegriff für
direkte Gesundheitseffekte des sozialen Kontextes haben wir soziale Effekte
in Form von deskriptiven und injunktiven (Druck-)Normen von den besonderen
individuellen Voraussetzungen der Empfänglichkeit (susceptibility, conformity,
compliance) für diese unterschieden. Die Betrachtung von Netzwerk-Person-Inter-
aktionen erscheinen uns für die weitere Forschung in besonderem Maße angezeigt,
was bislang unseres Wissens nach zu wenig umgesetzt wurde.
Aber auch indirekte Gesundheitseffekte in der Form, dass das Individuum in
Form von Geselligkeit, gesellschaftlichem Engagement, Vereinen oder Arbeits-
kontexten in verschiedene Beziehungskontexte eingebettet ist (Einbettung war der
berühmte Begriff von Granovetter), scheinen uns ein nicht zu unterschätzender
zukünftiger Forschungsbereich zu sein. In diesem Forschungsbereich der sozialen
Integration wird weniger als in den Bereichen zuvor nach direkten Gesundheits-
effekten (etwa in Form von Normen) gesucht, sondern darauf geschaut, inwiefern
back to the
book Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung"
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369