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92 P. Adebahr
bestehen auch aufgrund schwierig begleichbarer Kosten, sogenannter externer
und interner Barrieren, weiter (Hess 2000). Externe Barrieren entstehen außer-
halb des Individuums und umfassen dabei die Bindung von Ego und Alter durch
institutionelle Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen (z. B. Kirche, Vereine, Ver-
wandtschaft), finanzielle Verpflichtungen und Verträge (z. B. gemeinsame Kredite
oder Verantwortung für Kinder und Wohnung) oder physische Nähe (z. B. durch
Nachbarschaft und Arbeitsplatz) (Bushman und Holt-Lunstad 2009, S. 754; Hess
2003). Interne Barrieren hingegen bestehen nach Hess aus inneren Wünschen
und Überzeugungen des Individuums, die zur Aufrechterhaltung einer Beziehung
führen, auch wenn diese negative Aspekte beinhalten (Hess 2003). Zur Aufrecht-
erhaltung interner Barrieren tragen demnach bei: Sogenannte self-identity goals,
Ziele, welche in der Identität und dem Selbstbild des Individuums verankert sind.
Zweitens, die damit teilweise einhergehenden Verantwortungs-, Pflicht- und Ver-
bundenheitsgefühle (sense of commitment), und drittens auch Glaubenssätze und
Überzeugungen z. B. von Nächstenliebe und Vergebung (religious beliefs). Hess
fügt ergänzend subtile Ängste vor den Folgen der Beziehungsauflösung hinzu
(z. B. die Angst, jemanden zu verletzen) (Hess 2000, 2003, 2016).
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich negative ties durch
eine Verbindung (1) zwischen Ego und Alter (Dyadenperspektive (2)) aus-
zeichnet, die von Ego als belastend wahrgenommen wird (3). Sie sind häufig
mit schwer lösbaren Exit-Barrieren verbunden. Zudem bestehen Unterschiede
darin, ob die negativen Aspekte als spannungsgeladene Einzelsituationen (inter-
personelle Spannungen), als aggregierte Gesamteinschätzung (Einstellung), oder
strukturell, als Zugangsbarrieren zu bestimmten Personen und Netzwerken, ver-
standen werden. Um den aktuellen Forschungsdiskurs in all seinen Facetten auf-
greifen zu können, wird von negativen Aspekten im Allgemeinen gesprochen
und sowohl Einzelsituationen als auch Gesamteinschätzungen betrachtet. Die
zentrale Frage dieses Kapitels (Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche
Ungleichheiten) besteht darin, den Forschungsstand über den Beitrag negativer
Beziehung zur Reproduktion gesundheitlicher Ungleichheit zu eruieren. Nach-
dem in diesem Abschnitt dargelegt wurde, was unter negativen Beziehungen
verstanden wird, erfolgt in Abschn. 2 die Darlegung des Zusammenhangs zwi-
schen negativen Beziehungen und verschiedenen Gesundheitsparametern. Auf
die Frage, inwiefern dieser Einfluss sozial ungleich verteilt ist, wird in Abschn. 3
eingegangen. Der Beitrag schließt in Abschn. 4 mit einer Zusammenfassung und
einem Ausblick, in dem die wesentlichen Desiderata zur Forschung über negative
Beziehungsaspekte und gesundheitlicher Ungleichheit angesprochen werden.
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369