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99Negative
Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten
vorgelebt bekommen. Sie versuchen deshalb auch häufiger, soziale Spannung
durch konflikthaftes Verhalten zu lösen (weniger durch kooperatives Ver-
halten). Inwiefern drohender Ressourcenverlust in unteren sozialen Schichten
als existenzbedrohender angesehen wird (als in höheren Schichten) und deshalb
die Reaktion radikaler (anti- und prosozial) ausfällt, bleibt zu prüfen. Richtungs-
weisende Ergebnisse sind bei Greitemeyer und Sagioglou (2018) dargelegt. Sie
zeigen, dass in vier von fünf betrachteten Studien niedriger SES mit aggressive-
rem Verhalten einhergeht.7
Aus der Schulforschung ist bekannt, dass Prozesse sozialer Schließung und
Diskriminierung in Form von Mobbing sozial ungleich verteilt sind. Dies ist
ein dritter Erklärungsansatz für den Zusammenhang von SES und negativen
Aspekten sozialer Beziehungen. Demnach werden Personen mit niedrigem SES
eher diskriminiert. Auch wenn SES ein schwacher Prädiktor für Mobbing in der
Schule ist, zeigt die Metastudie von Tippett und Wolke (2014) einen signifikant
positiven Zusammenhang zwischen niedrigem SES und der Wahrscheinlichkeit,
Opfer von Mobbing zu sein auf. Ähnliches gilt für die Arbeitswelt. Tsuno et al.
(2015) berichten einen signifikanten Zusammenhang zwischen hohem subjek-
tivem sozioökonomischen Status und geringem Mobbing. Dieser Ansatz ist aus
Netzwerkforschungsperspektive besonders interessant, da die Spannungen primär
von den Alteri und nicht von den Egos ausgehen, was die Dyaden und sozialen
Netzwerke stärker in den Blick nimmt.
Das ABC-X-Modell integriert alle genannten Perspektiven und fasst die-
sen Abschnitt zusammen (McCubbin und Patterson 1983). Die Belastung durch
negative Beziehungsaspekte (X) hängt demnach von der Art der Stressoren (A)
(z. B. Diskriminierung, Ansatz 3), den bestehenden Ressourcen (B) (Ansatz 1)
und der Interpretation des Stressors (C) (geprägt durch Sozialisation, Ansatz 2) ab
(McCubbin und Patterson 1983).
4 Fazit und Diskussion
Ziel des Beitrags war es, den Forschungsstand über den Beitrag negativer
Beziehung zur Reproduktion gesundheitlicher Ungleichheit zu eruieren. Hierzu
wurden die Begriffe rund um „negative ties“ (negative Beziehungsaspekte)
7Zusätzlich deuten Studien an (z. B. Piff et al. 2010), dass niedriger SES ebenfalls mit
stärkerem prosozialem Verhalten einhergeht. Diese Feststellung erweist sich mit Blick auf
Greitemeyer und Sagioglou (2018) allerdings als eingeschränkt reliabel.
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369