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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung
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101Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten wird in der Forschung wenig beachtet. In einer Studie mit Daten des SOEP der Wellen 2002 bis 2008 wurde beispielsweise herausgefunden, dass eine Ver- schlechterung der Gesundheit eine signifikante Verringerung der Zufriedenheit mit den sozialen Kontakten nach sich zieht (Kriwy und Nisic 2012). Zudem ist bekannt, dass der Gebrauch verschiedener Drogen (Alkohol, Kokain) Aggression fördert (Ntounas et al. 2018). Auch bezüglich des Zusammenhangs von negati- ven Beziehungsaspekten mit sozialer Ungleichheit konnte die Fokussierung der Argumentation auf eine Wirkrichtung festgestellt werden (soziale Ungleichheiten wirken demnach auf negative Beziehungsaspekte). Um zu ermitteln, inwiefern negative Aspekte sozialer Beziehungen zu sozialer Ungleichheit beitragen vice versa, sind zeitsensible Daten oder Experimentaldesigns notwendig. Zweitens arbeiten, besonders was die Gesundheitseffekte betrifft, nur sehr wenige Studien mit dem methodischen Instrumentarium der Netzwerkanalyse, was weitere Erkenntnisse ermöglicht (zweiter Diskussionspunkt). Aus Netz- werkperspektive interessant ist die Frage, inwiefern negative Beziehungsaspekte zur Bildung von Gruppen und Netzwerkgrenzen beitragen, inwiefern sich Stress und negative Beziehungsaspekte in sozialen Netzwerken verbreiten (soziale Ansteckung) und inwiefern dadurch gestresste Gesamtnetzwerke oder negati- ve-tie-Netzwerke entstehen. Besonders interessant vor der Prozessperspektive ist die These Cosers, dass Konflikte die Kontrahenten miteinander vertrauter machen, gemeinsame Normen entstehen lassen und damit den Aufbau von Netz- werken zwischen ihnen langfristig fördern können (Coser 2009, S. 144–154). Darüber hinaus sieht er Konflikte selbst als soziale Beziehung, insofern dadurch immer wieder Machtverhältnisse ausgehandelt werden (Coser 2009, S. 160–165). Des Weiteren sieht Rook (2015) zukünftigen Forschungsbedarf bezüglich des Zusammenwirkens von positivem und negativem Austausch (dritter Diskussions- punkt). Zum Beispiel bezüglich der Frage, wie viele und welche positiven Aspekte einen negativen Beziehungsaspekt aufwiegen können. In der Forschung zu sozialen Konflikten wird häufig deren Nutzen hervor- gehoben (Bark 2012; Coser 2009; Simmel 1908), dies gilt es auch für negati- ven Beziehungsaspekte zu prüfen und mögliche gesundheitsförderliche Effekte zu eruieren (Diskussionspunkt vier). Inwiefern mit negativen Aspekten – z. B. durch Abgrenzung und Aufbau von Identität (Jetten et al. 2017), Aktivierung, Motivationssteigerung, oder die Ablenkung von chronischen Krankheiten – gesundheitsförderliche Effekte bestehen, könnten Fragen einer solchen salutogenen Perspektive sein. Hierbei wird vermutlich dem individuellen Umdeutungsprozess von Disstress zu Eustress eine zentrale Rolle beikommen. Letztendlich gilt es, negative Beziehungsaspekte werturteilsfrei als Teil eines Prozesses interpersoneller Spannung und Entspannung zu verstehen, mit statischen und dynamischen Phasen (ähnlich siehe Bark 2012, S. 11; Rüssmann et al. 2015, S. 501).
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten Eine neue Perspektive für die Forschung
Title
Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Subtitle
Eine neue Perspektive für die Forschung
Authors
Andreas Klärner
Markus Gamper
Sylvia Keim-Klärner
Irene Moor
Holger von der Lippe
Editor
Nico Vonneilich
Publisher
Springer VS
Location
Wiesbaden
Date
2020
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-658-21659-7
Size
14.5 x 21.0 cm
Pages
436
Category
Medien

Table of contents

  1. Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
  2. Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
  3. Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
  4. Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
  5. Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
  6. Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
  7. Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
  8. Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
  9. Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
  10. Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
  11. Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
  12. Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
  13. Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
  14. Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
  15. Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
  16. Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369
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