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Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten …
Seit etwa drei Jahrzehnten wird nun aber auch in der Psychologie die Ent-
wicklungsdynamik des jungen und mittleren Erwachsenenalters als eigen-
ständiger Forschungsgegenstand entdeckt und das „Stabilitäts-Verdikt“
hinterfragt (Baltes 1987; Lachman et al. 2015; Roberts und DelVecchio 2000;
Specht et al. 2014; Van Dulmen 2013). Insbesondere biografische Transitionen
haben nach aktuellem Forschungsstand das Potenzial, auf Persönlichkeitseigen-
schaften der Individuen differenziell einzuwirken, d. h. auf unterschiedliche psy-
chische Bereiche bzw. Individuen je unterschiedlich. So berichten beispielsweise
US-amerikanische Frauen, die zwischen 27 und 43 Jahren einen beruflichen
Aufstieg erlebten, durchaus über Persönlichkeitsveränderungen wie etwa eine
steigende Selbstwirksamkeit (die Autoren sprechen von agency) und gestiegene
Normaffinität (norm adherence) im Vergleich mit Frauen, die derartige Auf-
stiege nicht erlebt hatten (Roberts 1997). Neyer und Asendorpf (2001) zeigten
an einer studentischen Stichprobe, dass diejenigen Teilnehmer, die im Laufe von
acht Jahren den Übergang vom Singleleben in eine feste Partnerschaft durch-
lebten, ihre emotionale Stabilität signifikant erhöhten – unabhängig davon, ob
diese Partnerschaft aufrechterhalten wurde oder nicht. In solchen dynamischen
Biografie-Persönlichkeits-Transaktionen scheint der Grad der Normativität (d. h.
Erwartbarkeit) eines Übergangs ein bedeutsamer Faktor zu sein (siehe für eine
Übersicht: Neyer et al. 2014). Durch solche und ähnliche Studien ist nun auch die
Frage nach dem Zusammenhang zwischen sozialen Beziehungen, gesundheits-
relevanten Persönlichkeitsmerkmalen und dem individuellen Lebenslauf zu einem
Forschungsthema der Psychologie geworden (Klauer und Greve 2005; Knoll und
Schwarzer 2005; Weber 2005).
1.2 Relevante Forschungsparadigmen zu Netzwerken
und gesundheitlichen Ungleichheiten im jungen
und mittleren Erwachsenenalter
Der im Folgenden gegebene Überblick über den Forschungsstand zu sozia-
ler Ungleichheit, Netzwerken und Gesundheit im jungen und mittle-
ren Erwachsenenalter wird durch fünf übergreifende und interdisziplinäre
Forschungsparadigmen gerahmt. Das erste, ursprünglich soziologische Para-
digma des Lebenslaufs (1) (Mayer 2000; in der Psychologie häufig als Psycho-
logie der Lebensspanne bezeichnet: Antonucci et al. 2010; Baltes und Smith
2004) betrachtet soziologische wie psychologische Phänomene in einem direk-
ten konstitutiven Zusammenhang mit dem biologischen Alter, mit der Alters-
spanne, in der sich Individuen oder Bevölkerungsgruppen befinden, und mit der
Sequenz bereits absolvierter bzw. zu absolvierender Übergänge. Das meint, dass
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369