Page - 204 - in Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten - Eine neue Perspektive für die Forschung
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204 H. von der Lippe und O. Reis
statushöhere Gruppen von professioneller (z. B. medizinisch-psychologischer)
Gesundheitsfürsorge profitieren. Welche Belege lassen sich in der Literatur für
diese Annahmen finden?
3.1 Übergänge in Partnerschaften als Motor von
gesundheitlichen Ungleichheiten
Das vorherrschende Muster des Eingehens und Lösens von Partnerschaften
junger Erwachsener in westlichen Industriegesellschaften ist als sequenzielle
Monogamie bezeichnet worden (z. B. Morris und Kretzschmar 1995). Das
bedeutet, dass sich zumeist mit einem Partner oder einer Partnerin verbunden
wird, dabei aber mehrere Partnerschaften unterschiedlicher Dauer aufeinander
folgen. Hier lassen sich deutliche interindividuelle Unterschiede darin finden,
wann und ob geheiratet oder ob eher unverheiratet als Paar zusammengelebt wird
und wie viele Partnerschaften in dieser Altersspanne insgesamt eingegangen wer-
den (Schneider und Rüger 2008). Beide Parameter hängen sowohl mit Ungleich-
heitsdimensionen wie auch mit Gesundheit zusammen.
Als empirisch gesichert gilt, dass stabile Partnerschaften positive Einflüsse auf
das subjektive Wohlbefinden haben (Schütz und Wiesner 2000). Auch für körper-
liche Erkrankungen stellen sie einen häufig bestätigten Schutzfaktor dar, was ins-
besondere für Männer zu gelten scheint (healthy-marriage-hypothesis, Carr und
Springer 2010; Lillard und Waite 1995; Dalgard und Håheim 1998; Soons et al.
2009). Bei Frauen sind Unterschiede im sexuellen Risikoverhalten zwischen ledi-
gen und verheirateten Personen gefunden worden (Wayment et al. 2003). Somit
lässt sich das diesem Abschnitt zugrunde liegende Thema in die Frage übertragen,
inwieweit die Stabilität von Partnerschaften geeignet ist, zwischen sozialen und
gesundheitlichen Ungleichheiten zu vermitteln.
In der aktuellen Forschung werden signifikante, aber numerisch nicht
allzu große Unterschiede im Partnerschaftsverhalten der Bildungsschichten
beschrieben: Statusniedrigere Personen heiraten früher als statushöhere, dafür
sind ihre Ehen weniger stabil (Schwartz und Han 2014). Dieser Befund ist vor
dem Hintergrund unserer Fragestellung dahin gehend interessant, dass häufiger
wechselnde Partner als ein Risikofaktor für sexuell übertragbare Erkrankungen
beschrieben werden (Millstein et al. 1994). Beide Prozesse (Stabilität und
Wechsel) wären demnach geeignet, zu gesundheitlichen Ungleichheiten bei-
zutragen, sofern sich ihre soziale Schichtung weiter belegen ließ. Hierzu gibt
es unseres Wissens jedoch keine einheitliche Befundlage (vgl. etwa die wider-
sprüchlichen Ergebnisse bei Kupek 2001; Rissel et al. 2014; Tanfer et al. 1995).
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369