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207Soziale
Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten …
4 Netzwerke und Gesundheit
4.1 Partnerschaftsübergänge als Motor von
Netzwerkeffekten auf Gesundheit
Weder das Eingehen noch das Auflösen von Partnerschaft findet außerhalb sozia-
ler Kontexte oder auf einer „Insel“ statt. Diese Metapher wird in den grund-
legenden Arbeiten von Felmlee (2001) und Sprecher et al. (2006) zur Bedeutung
sozialer Netzwerke für Partnerschaften herangezogen. Die Autoren beschreiben
mindestens drei grundlegende Mechanismen, über die soziale Beziehungsnetze
auf partnerschaftliche Übergänge einwirken können. Zum einen stellen Netz-
werke Möglichkeiten für das Kennenlernen von potenziellen Partnern dar und
bestimmen somit durch ihre Zusammensetzung sowie Struktur die Wahrschein-
lichkeit für das Eingehen einer Partnerschaft oder sexuellen Beziehung. Zum
zweiten treffen Individuen in ihren Netzwerken stets auch auf unterschiedliche
Ausmaße an Anerkennung vs. Ablehnung ihres partnerschaftlichen Handelns
(z. B. Partnerwahl, Heirat, Trennung), wodurch der fragliche Übergang für das
Individuum in unterschiedlichem Ausmaß auch wahrscheinlicher bzw. sozial
unterstützt wird. Drittens stellen Netzwerke immer auch mehr oder weniger
attraktive Beziehungsalternativen zur Verfügung und ver(un)wahrscheinlichen
damit partiell eine Trennung – was sich dann wiederum auf individuelle gesund-
heitliche Merkmale auswirken kann.
In ihrer Darstellung des diesbezüglichen Forschungsstandes schließen
Sprecher et al. (2006), dass unterstützende (approving) soziale Netzwerke als
förderlich für das Eingehen und die Stabilität von Paarbeziehungen angesehen
werden können und dass umgekehrt eine Scheidung oder Trennung mit einer
signifikanten Abnahme des Verwandten- und Verheirateten-Anteils im Netz-
werk sowie der Zunahme des Kollegen- und Singleanteils einhergeht. Aber nicht
nur die Zusammensetzung, auch die Struktur des Netzwerkes scheint mit Paar-
stabilität einherzugehen, wie eine Arbeit von Widmer et al. (2004) zeigt: Paare
mit individualisierten (individualized) oder sich einmischenden (interfering)
Netzwerken berichteten über eine signifikant geringere Paarzufriedenheit sowie
stärkere Trennungsgedanken als Paare mit überlappenden (overlapping) Netz-
werken. Erste Pilotstudien zu diesem wichtigen Zusammenhang von Netzwerk
und Paarstabilität und -zufriedenheit finden sich bereits z. B. bei Milardo (1989),
Levitt et al. (1986), Hansen et al. (1991) oder Burger und Milardo (1995). Die
Studie von Veiel et al. (1991) zeigte beispielsweise, dass sowohl die Ähnlichkeit
als auch die Überlappung des partnerschaftlichen Netzwerks für die Bewältigung
belastender Anforderungen funktional sein kann.
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369