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233Soziale
Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten …
3.1 Sterblichkeitsrisiko
Gemäß empirischer Ergebnisse aus dem Deutschen Alterssurvey (DEAS) hat der
sozioökonomische Status auch im Alter einen fortbestehenden Einfluss auf die
Gesundheit (Schöllgen et al. 2010; Spuling et al. 2017). Dies hängt wiederum
potenziell mit sozioökonomischer Ungleichheit in der Sterblichkeit zusammen.
So war laut Registerdaten 2003 das Sterblichkeitsrisiko bei männlichen deut-
schen Rentnern ab 65 Jahren im untersten sozioökonomischen Fünftel (Quintil)
dreimal so hoch wie im obersten bzw. betrug die verbleibende Lebenserwartung
12,5 Jahre versus 20 Jahre (Shkolnikov et al. 2007). Yao und Robert (2008) fan-
den in ihrer US-amerikanischen Langzeitstudie ähnliche Disparitäten in einer
älteren Population mit 1631 Menschen von mindestens 60 Jahren: Schwarze
Ältere hatten eine schlechtere subjektive Gesundheit und ein höheres Sterblich-
keitsrisiko als weiße Ältere. Dieser Unterschied ließ sich teilweise durch einen
niedrigeren sozioökonomischen Status der schwarzen Älteren sowohl auf indivi-
dueller als auch auf Nachbarschaftsebene erklären. Lleras-Muney (2005) zeigte
mit US-amerikanischen Zensusdaten von 1960, 1970 und 1980 ebenfalls einen
kausalen Zusammenhang auf: Mit jedem zusätzlichen Jahr Ausbildung sank
die Sterblichkeitswahrscheinlichkeit bei Erwachsenen um 3,6 % innerhalb der
nächsten zehn Jahre. Dieser Ungleichheitstrend ist nicht auf Deutschland und
die USA beschränkt. Im internationalen Vergleich 22 europäischer Länder haben
Mackenbach et al. (2008) eindrucksvoll gezeigt, dass Personen mit einem nied-
rigen sozioökonomischen Status systematisch einem höheren Sterblichkeitsrisiko
ausgesetzt waren als Personen mit einem höheren Status. Der altersbereinigte
statusbasierte Unterschied im Sterblichkeitsrisiko war in den osteuropäischen und
baltischen Staaten besonders hoch; am niedrigsten war er in den südeuropäischen
Staaten Italien und Spanien. Die Analyse bezog sich auf Sterberegisterdaten von
knapp dreieinhalb Millionen verstorbener Menschen mit einem Mindestalter von
30 Jahren.
3.2 Kognitive Verläufe und Demenzrisiko
Konsens besteht darin, dass der Verlauf kognitiver Fähigkeiten – diese umfassen
die Dimensionen „Sprachfähigkeit“, „Gedächtnis“, „Allgemeinbildung“,
„Problemlösen“ und „Orientierung“ – im Alter eine hohe interindividuelle
Variabilität aufweist (Christensen et al. 1994). Zudem gestaltet er sich in
Abhängigkeit vom jeweiligen Leistungsbereich unterschiedlich. So sind alters-
bedingte Differenzen bei den Dimensionen „Problemlösen“ und „Gedächtnis“
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369