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235Soziale
Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten …
Abnahme klinisch diagnostiziert ist, haben sich die pathologischen Prozesse aber
womöglich schon länger manifestiert (Bruandet et al. 2008).
Die kognitive Reserve hängt eng mit einem stimulierenden sozialen Umfeld
zusammen. Mehrere theoretische Ansätze postulieren daher explizit einen
Zusammenhang zwischen sozialer Einbettung und kognitiver Funktionsfähig-
keit. Allen voran konstatiert die Use-it-or-lose-it-Hypothese (Hultsch et al. 1999),
dass das Gehirn – ähnlich einem Muskel – regelmäßig trainiert werden muss,
um voll funktionsfähig zu bleiben. Soziale Beziehungen helfen dabei, indem
sie den Menschen zu sozialen und körperlichen Aktivitäten stimulieren [körper-
liche Aktivität ist ein weiterer Prädiktor kognitiver Funktion (Fratiglioni et al.
2004)] und komplexen intellektuellen Input liefern (Schooler 1984). Die Stress-
Puffer-Hypothese (Fratiglioni et al. 2004) unterstellt eine positive Wirkung
emotional unterstützender Beziehungen in Krisenzeiten. Stress gilt als Alzhei-
mer-fördernder Faktor, da er mit strukturellen Veränderungen im Hippocampus
assoziiert ist (Wilson et al. 2003). Dieser Hypothese zufolge profitieren Men-
schen insbesondere von sogenannten funktionalen Netzwerken mit reichhaltigen
Unterstützungsleistungen ungeachtet der eigentlichen Beziehungsanzahl bzw.
Netzwerkgröße. Die Haupteffekt-Hypothese (Cohen 2004) vermutet, dass stark
integrierte Menschen über mehr Motivation (auch: Normen und sozialen Druck),
Wissen und Ressourcen für einen gesunden Lebensstil verfügen. Bei dieser
Hypothese besitzen auch sogenannte strukturelle Aspekte Relevanz, wie die Ein-
bettung in komplexe und diverse Beziehungsgeflechte. Alle drei Hypothesen sind
in ihren Aussagen komplementär, da sie sich auf unterschiedliche Mechanismen
konzentrieren, die prinzipiell parallel wirksam sein können.
3.3 Depression
Depressive Störungen sind durch einen über einen längeren Zeitraum anhaltenden
Zustand deutlich gedrückter Stimmung, Interesselosigkeit und Antriebsminderung
gekennzeichnet. Im Alter sind Depressionen die häufigste psychische Störung
überhaupt. Luppa und Kollegen (2012) berichten als Ergebnis ihrer Metaana-
lyse über älteren Menschen ab 75 Jahren Punktprävalenzen von 17 % für eine
depressive Symptomatik und von 7 % für eine Major Depression. Depressionen
im Alter erhöhen die suizidale Mortalität, gehen mit Einbußen der subjektiven und
funktionalen Gesundheit einher und beeinträchtigen häufig das Behandlungsergeb-
nis bei somatischen Erkrankungen. Sie sind Risikofaktor für die koronare Herz-
krankheit (Carney und Freedland 2017). Es bestehen Zusammenhänge zwischen
Depressionen und neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer-
Demenz und
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369