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287Geschlecht
und gesundheitliche Ungleichheiten …
unterschiedliche strukturelle Beziehungskontexte bzw. -orte zurückgeführt, die
bestimmte Möglichkeiten für und Beschränkungen auf die Formierung von engen
sozialen Beziehungen ausüben. Die Geschlechterunterschiede in der Netzwerk-
zusammensetzung und -struktur verschwinden nämlich, wenn Beschäftigungs-
und Familienstatus sowie das Alter statistisch kontrolliert werden. Gleichwohl
bleibt als empirischer Befund, dass die Netzwerke von Frauen* eine höhere
Anzahl, einen höheren Anteil und eine größere Diversität von Verwandtschafts-
beziehungen enthalten als die Netzwerke von Männern*.
Eine Studie in Singapur zeigt zudem, dass Männer* und Frauen* eher auf
berufliche Kontakte treffen, die von der jeweils eigenen Geschlechtszugehörigkeit
(bipolar: Mann* oder Frau*) dominiert werden. Beispielsweise treffen Frauen*
eher auf Krankenpfleger*innen, da sie in der Pflege überrepräsentiert sind, wobei
unterschiedliche Lebensphasen darauf Einfluss haben. Ab der Geburt eines
Kindes kommen Frauen* dann auch in Kontakt mit Berufsgruppen, in denen
sie unterrepräsentiert sind wie z. B. Lehrer*innen, was sich wiederum auf die
Zusammensetzung des Netzwerkes auswirkt (Chua et al. 2016).
Der Geschlechter-Aspekt scheint in den letzten Jahren in seiner Wirkung
auf die Unterschiede der Netzwerkbildung an Kraft verloren zu haben. Wäh-
rend Frauen* noch etwas größere Netzwerke als Männer* besitzen und mehr
Gespräche über wichtige Angelegenheiten mit Verwandten führen, besitzen sie
jetzt auch immer mehr Beziehungen außerhalb der Familie. Frauen* haben somit
nicht mehr ein deutlich verwandtschaftsorientiertes Diskussionsnetzwerk als
Männer* und sind nicht mehr so häufig sozial isoliert (McPherson et al. 2006).
Dies wird auch durch Fuller-Iglesias und Antonucci (2016) für 18- bis 99-jährige
Mexikaner*innen bestätigt.
Ob wirklich Unterschiede hinsichtlich der Netzwerke existieren, ist mit Blick
auf die widersprüchlichen Forschungsergebnisse fraglich. So weisen einige Kriti-
ker*innen bspw. auf den starken Interviewer*in-Effekt bei der Erhebung des GSS
hin (Fischer 2009), andere wiederum stellen die verwendeten Namensgeneratoren
infrage und merken bspw. an, dass Frauen* vielleicht mehr wichtige Dinge
zu besprechen haben als Männer* und daher ggf. auch ein größeres Netzwerk
besitzen (Bearman und Parigi 2004).
2.4 Netzwerkressourcen und Geschlechterunterschiede
Neben der Strukturbeschreibung gehen viele Studien der Frage nach, welche Res-
sourcen die Netzwerke zur Verfügung stellen können. Dies geschieht auf unter-
schiedlichen Ebenen:
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369