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294 M. Gamper et al.
denen Jugendliche trinken und ihre Motive für den Alkoholkonsum näher unter-
sucht werden.
Den Effekt von Selektions- bzw. Einflussfaktoren, d. h. inwiefern sich Jugend-
liche ihre Peers nach ihren Vorlieben und Bedürfnissen auswählen oder durch
diese in ihren Verhaltensweisen beeinflusst werden, gehen Studien mit Längs-
schnittdaten nach. Hierfür werden in vielen Fällen sogenannte SIENA-Modelle
(Simulation Investigation for Empirical Network Analysis) verwendet. Die For-
schungen fokussieren vor allem die Aspekte Alkohol-, Zigaretten und Cannabis-
konsum bei Schüler*innen (z. B. Knecht et al. 2011; Osgood et al. 2013; Pearson
et al. 2006). Hier sollen einige Beispielstudien angeführt werden: Bezüglich des
Rauchverhaltens sind es bei finnischen Schüler*innen der Sekundärstufe eher
Selektionsfaktoren die den Ausschlag für Freundschaftsbeziehungen geben.
Beim Alkoholverhalten sind es sowohl Selektions- als auch Einflussfaktoren. Die
Ergebnisse unterschieden sich nicht durchgängig in Bezug auf das Geschlecht
(Kiuru et al. 2010). Auch Daw et al. (2015) können zeigen, dass Jungen* wie
Mädchen* in den USA (7. Klasse) ihre gleichgeschlechtlichen Freund*innen
nach Ähnlichkeit im Rauchverhalten auswählen. Ein Einfluss von Freundinnen*
auf das Rauchverhalten konnte nur für Mädchen* nachgewiesen werden. Bezüg-
lich des Alkoholkonsums stellen Burk et al. (2012) fest, dass die Ähnlichkeit
zwischen dem Trinkverhalten von Freund*innen in der 6. Klasse beginnt, ihren
Höhepunkt in der 8. Klasse erreicht und während der späten Adoleszenz wieder
abnimmt. Jugendliche in allen drei Altersgruppen wählten Peers mit ähnlichem
Trinkverhalten, wobei die Effekte bei frühjugendlichen Männern* und bei spät-
jugendlichen Frauen* am stärksten sind. Hinsichtlich des Einflusses gibt es kei-
nen Unterschied zwischen den Geschlechtern (Burk et al. 2012). Bezüglich des
Marihuanakonsums in High-Schools in den USA stellen die Autor*innen fest,
dass auch der Freundeskreis nach Alter und Marihuanakonsum ausgesucht wird.
Der Faktor Einfluss wurde nur an einer High-School festgestellt. Das Geschlecht,
„race“ oder die Anzahl der Freund*innen außerhalb der Schule sagten jedoch
nicht signifikant die Häufigkeit des Marihuanakonsums voraus. Ebenfalls gab es
nur minimale Hinweise darauf, dass Peer-Effekte durch persönliche, schulische
oder familiäre Risikofaktoren moderiert werden (De La Haye et al. 2013).
Für das Jugendalter lassen sich ferner Netzwerkstudien zu Geschlechter-
unterschieden und depressiven Erkrankungen finden. Ähnlich wie die Studie
von Rosenquist et al. (2011) unter Erwachsenen, die zu dem Ergebnis kommt,
dass Depressionen insbesondere für Frauen* sozial ansteckend sind, zeigen
Conway et al. (2011) für das Jugendalter, dass bei Mädchen* das Auftreten
von Depressionen im Freundeskreis mit einem verstärkten Auftreten eigener
depressiver Symptome ein Jahr später einhergeht.
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369