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314 G. Krug et al.
Arbeitslosigkeit auf das Rauchverhalten in Deutschland untersuchen, jedoch kei-
nen signifikanten Effekt der Arbeitslosigkeitsdauer finden.
Qualitative Forschungsarbeiten fokussieren vornehmlich auf den Umgang der
Betroffenen mit der Situation, arbeitslos zu sein. Basierend auf den Ergebnissen
ihrer Analyse von Gruppendiskussionen mit Langzeitarbeitslosen beschreibt
Morgenroth (2002, 2003) Erwerbslosigkeit etwa als Trauerprozess aus dem
depressive Zirkel resultieren können. Ausgangspunkt der Entstehung dieser Zirkel
ist, dass die emotionale Besetzung von Erwerbsarbeit als verlorenem Objekt nicht
aufgegeben wird. An die Stelle einer konstruktiven Trauerarbeit im Umgang mit
dem Verlust des Arbeitsplatzes treten stattdessen als „pathologische Entgleisung“
Formen der Verarbeitung, durch die diese emotionale Besetzung aufrechterhalten
wird und die sich als Teufelskreise depressiver Reaktionen selbst beständig ver-
stärken (vgl. Morgenroth 2003, S. 23).
In seiner qualitativen Untersuchung von Handlungs- und Deutungspraktiken
im Kontext von und bezogen auf Erwerbslosigkeit stellt Rogge (2013) dar, wie
Menschen Erwerbslosigkeit auf unterschiedliche Weise erfahren. Basierend auf
einer identitätstheoretischen Heuristik beschreibt Rogge Wirkungsweisen von
Erwerbslosigkeit als Zusammenspiel kontextueller und individueller Prozesse
(ebd., S. 64 ff.). Diese Wirkungsweisen fasst Rogge in fünf biografischen Iden-
titätsmodi zusammen („Umstellung des Selbst“, „Befreiung des Selbst“, „Kampf
um das Selbst“, „Verfall des Selbst“, „Transformation des Selbst“), wobei die
psychische Belastung von Erwerbslosigkeit mit dem jeweiligen Modus variie-
ren kann. Vor allem im Rahmen des „Kampf um das Selbst“ kommt es zu einer
grundlegenden Erschütterung des Selbstbildes durch Inkongruenzempfinden und
Wertlosigkeitsgefühle, während im Modus „Verfall des Selbst“ Arbeitslosigkeit
als schädigend erfahren wird und irreversible Wirkungen hervorbringen kann.
Entscheidend für den Modus, in dem Menschen Erwerbslosigkeit durchleben,
sind neben Lebensformen, sowie der Ausstattung mit ökonomischen Ressourcen
und kulturellem Kapital nicht zuletzt Bezugspersonen im sozialen Beziehungs-
netzwerk Erwerbsloser. Mit dem Auftrennen „in Personen, die einerseits Arbeits-
losigkeit (unterstelltermaßen) stigmatisieren, und andererseits Personen, die sie
(vermeintlich) entstigmatisieren, normalisieren oder alternative und solidarische
Deutungen vertreten“ (ebd. S. 272), beschreibt Rogge eine normative Spaltung
persönlicher Beziehungsnetzwerke. Aus dieser Spaltung resultiert nicht nur eine
selektive Hinwendung zu bzw. Abwendung von Beziehungspartnerinnen und
-partnern, sondern Rogge schätzt diese Spaltung als „höchst relevant für die psy-
chische Gesundheit von Arbeitslosen“ (ebd.) ein.
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369