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319Arbeitslosigkeit,
soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Allerdings sind Netzwerke nicht nur Ursache von Problemen, sie können auch
unterstützend bei der Bewältigung der negativen und gesundheitlich belastenden
psychischen Folgen von Arbeitslosigkeit wirken. Den negativen Folgen der
Arbeitslosigkeit auf ihre sozialen Netzwerke können von den Akteuren selbst
Handlungsstrategien entgegengebracht werden, die auf eine Erweiterung von
Handlungsspielräumen durch die Verlagerung der sozialen Aktivitäten auf soziale
Kreise jenseits des Arbeitsmarktes zielen, z. B. in Nachbarschaften oder politi-
schen Gruppen (vgl. Marquardsen 2012). Die Verfügbarkeit von Gelegenheits-
strukturen für derartige Handlungsstrategien jenseits des Arbeitsmarktes sowie
die soziale und institutionelle Anerkennung alternativer sozialer Rollen zu der des
Erwerbstätigen, erhöht die individuellen Handlungsmöglichkeiten zur Aneignung
bzw. Verteidigung einer anerkennungswürdigen Identität, indem die eigene
Persönlichkeit so inszeniert wird, dass die Arbeitslosigkeit in den Hintergrund
rückt und stattdessen positiv besetzte soziale Rollen im Netzwerk betont werden
(Knabe et al. 2017).
3.2 Moderatorthese: Netzwerke als Schutz
vor negativen Gesundheitseffekten der
Arbeitslosigkeit
Die These der Pufferfunktion beruht auf der Annahme, dass durch Netzwerke ver-
mittelte soziale Unterstützung die negativen materiellen und emotionalen Folgen
kritischer Lebensereignisse wie Arbeitslosigkeit reduziert und somit die Wider-
standsfähigkeit zur Bewältigung der Arbeitslosigkeit stärkt (Cassel 1976; Cobb
1976; zusammengefasst z. B. bei Sattler und Diewald 2010).
So hat die Homogenisierung sozialer Beziehungen nicht nur negative Aus-
wirkungen auf die Gesundheit. Netzwerke aus überwiegend arbeitslosen Per-
sonen können einen Schutzraum vor Stigmatisierung bieten und eine wichtige
Quelle emotionaler Unterstützung sein. Stead et al. (2001) weisen in diesem
Zusammenhang auf Ambivalenzen gesundheitsförderlicher und gesundheits-
schädigender Mechanismen in sozialen Netzwerken hin. Sie analysieren die
soziale Einbindung in benachteiligte Communities in Glasgow anhand von
acht Gruppendiskussionen mit insgesamt 53 Teilnehmenden. Die Netzwerke
der Befragten werden als relativ homogen in Bezug auf den sozialen Status,
ressourcenarm und teilweise mit starken gruppeninternen Normen gesundheits-
schädlichen Verhaltens („pro-smoking community norms”) bei gleichzeitiger
Abgrenzung von übergeordneten gesellschaftlichen Werten („isolation from wider
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369