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336 S. Keim-Klärner
5 Welche Rolle spielen soziale Beziehungen für die
Gesundheit Alleinerziehender?
Viele Studien konnten in den letzten Jahrzehnten zeigen, dass soziale
Beziehungen bedeutsam für das Wohlbefinden, die Gesundheit und das Gesund-
heitsverhalten sind. Dies gilt auch für Alleinerziehende. Recht gut erforscht ist
das Konzept der sozialen Unterstützung: Alleinerziehende profitieren davon, dass
soziale Unterstützung dazu beiträgt, stressreiche Lebenssituationen abzumildern
und damit positiv auf das Wohlbefinden wirkt (Campbell et al. 2016; Ciabattari
2007; Harknett 2006). Soziale Unterstützung korreliert auch negativ mit konkre-
ten Krankheitsbildern: So geht eine geringere wahrgenommene soziale Unter-
stützung mit einem häufigeren Auftreten von depressiven Symptomen (Cairney
et al. 2003; Harknett 2006) und anderen psychischen Erkrankungen (Franz et al.
2003) einher. Im Vergleich zu Müttern in Paarbeziehungen sind alleinerziehende
Mütter nicht nur vermehrt Stressoren ausgesetzt, sondern verfügen auch über
weniger Unterstützung (Cairney et al. 2003) und das Zusammenspiel aus gerin-
gerem sozialen Status, höherer Anzahl von Stressoren und geringerer Unter-
stützung kann die Unterschiede in der Depressionsneigung zwischen Müttern, die
mit einem Erwachsenen im Haushalt zusammenleben, und Alleinerziehenden fast
vollständig erklären (Targosz et al. 2003).
Ein differenzierteres Bild ergibt sich, wenn man die Zusammenhänge zwi-
schen sozialem Status und sozialer Unterstützung genauer analysiert. Für Per-
sonen mit geringerem sozialen Status kann soziale Unterstützung deutlich
entlastend wirken, so verringert der Zugang zu sozialer Unterstützung Konflikte
in der Vereinbarung von Familie und Beruf für unverheiratete Mütter, v. a. für
solche mit niedrigerem sozialen Status (Ciabattari 2007). Soziale Beziehungen
generieren aber auch Kosten. Erhaltene Unterstützung muss häufig erwidert wer-
den, was besonders für Personen mit geringerem sozialen Status, wie z. B. für
erwerbslose Alleinerziehende, schwierig sein kann. Die Reziprozitätserwartungen
üben sozialen Druck aus und belasten dann nicht nur das Wohlbefinden, sondern
können längerfristig auch zu Kontaktabbrüchen und dem Verzicht auf soziale
Unterstützung führen (Andreotti 2006; Cook 2012). Ob aktiver Verzicht auf
Unterstützung oder mangelnder Zugang zu Unterstützungsmöglichkeiten, indi-
viduelle Benachteiligung wird durch solche Beziehungseffekte verstärkt: Für
Alleinerziehende mit geringer Bildung, in prekärer Beschäftigung und Armuts-
lagen, die Unterstützung am meisten benötigen, ist sie am wenigsten verfügbar
(Brown und Moran 1997; Harknett 2006). Dieser Mangel an Unterstützung wie-
derum steht in enger Beziehung mit psychischen Erkrankungen (Simons et al.
1993).
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369