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373Migration
als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? …
dürfen „Migrationserfahrungen […] nicht unkritisch und pauschal mit gesund-
heitlichen und insbesondere psychischen Belastungen gleichgesetzt werden. Nur
bei einem Teil der entsprechenden Studien können Unterschiede zwischen der
psychischen Gesundheit von Migranten und Einheimischen nachgewiesen wer-
den“ (Kirkcaldy et al. 2006, S. 877).
1.1.3 Beeinträchtigung der physischen Gesundheit bei
Migrant_innen
Kinder mit Migrationshintergrund in Deutschland leiden seltener an Bronchitis,
Allergien, atopischen Erkrankungen (Überempfindlichkeitsreaktionen und Nei-
gung zu allergischen Erkrankungen), Asthma, Magen-Darm-Infektionen und
Mittelohrentzündungen und häufiger an Anämie, Tuberkulose, Karies und Über-
gewicht (Knipper und Bilgin 2009; Razum et al. 2011). Als Grund für diese Sym-
ptome werden jedoch weniger migrations-, sondern eher milieuspezifisch (soziale
Schicht – Bildung, Berufsstatus etc.) schwächere „psychosoziale Schutzfaktoren“
(z. B. positives Familienklima, emotionale Stabilität, unterstützendes soziales
Umfeld usw.) gesehen (Knipper und Bilgin 2009).
Auch im Erwachsenenalter sind Menschen mit sogenanntem Migrationshinter-
grund von bestimmten Erkrankungen anders betroffen als der Bevölkerungsdurch-
schnitt in Deutschland (Knipper und Bilgin 2009). So leiden türkischstämmige
Menschen häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Hepatitis
und Aussiedler_innen aus der ehemaligen Sowjetunion sterben im Vergleich zum
Bevölkerungsdurchschnitt seltener an Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen –
obwohl hier Risikofaktoren wie Übergewicht, Bewegungsmangel, hohe Blutfett-
werte etc. häufiger anzutreffen sind. Beide Gruppen zeigen ein erhöhtes Risiko für
Lungen- und Magenkrebs sowie für chronische Magenerkrankungen. Um diese
Befunde zu erklären (und auch, da sich Ergebnisse verschiedener Studien teil-
weise widersprechen) ist weitere Forschung dringend notwendig.
Internationale und nationale Ergebnisse liefern des Weiteren Hinweise, dass
Migrant_innenpopulationen bzw. ethnische Minderheiten in einigen Bereichen
größeren gesundheitlichen Risiken unterliegen als Personen ohne sogenannten
Migrationshintergrund (siehe hierzu zitierte Studien in Schenk 2007). Bezüg-
lich übertragbarer Infektionskrankheiten mit Folgekrankheiten werden z. B.
chronische Hepatitis B, Helicobacter pylori3 oder Tuberkulose genannt, für die
3Das Helicobacter pylori, welches im menschlichen Magen vorgefunden werden kann. Die-
ses wird für Entzündungen und Tumore verantwortlich gemacht.
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369