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375Migration
als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? …
1.2.1 Migration und Stress – Migrationsstresshypothese
„Migration wird weitgehend übereinstimmend als ein kritisches Lebensereignis
beschrieben, das die bis dahin erworbenen Anpassungsfähigkeiten, Bewältigungs-
und Problemlösungsstrategien überlasten kann“ (Kirkcaldy et al. 2006, S. 874).
Migrations- und Akkulturationsprozesse, bringen – auch ohne das Vorliegen einer
Fluchtgeschichte oder gar Traumatisierung – besondere Belastungen für Migrant_
innen mit sich und können damit die psychische Gesundheit sowie das Entstehen
psychischer und körperlicher Krankheiten beeinflussen (Kutalek 2009; Schenk
2007). Unter der Migrationsstresshypothese werden unterschiedliche Stressoren,
wie unsichere Lebensbedingungen/Wohnverhältnisse, gesetzliche Aufenthaltsrechte,
chronische berufliche Belastung, (drohende) Arbeitslosigkeit, Stigmatisierung, Iso-
lation aufgrund anhaltender Trennung und sich verändernder Netzwerkbeziehungen,
eheliche und intergenerationale Normen- und Rollenkonflikte etc. (Nestmann 1999;
Kirkcaldy et al. 2006) als gesundheitsrelevant benannt.
1.2.2 Wirtschaftliche und berufliche Belastungen als
Struktureffekt – Theorie der Unterprivilegierung
Bisherige Untersuchungen verweisen laut Schenk (2007) auf einen sehr komple-
xen Zusammenhang zwischen Migration und Gesundheit. So leben Migrant_innen
häufiger in sozial benachteiligten Schichten und überproportional oft in prekären
Erwerbs- und Einkommenssituationen (auch in Sting 2010). Sie sind oft mate-
riell schlechter ausgestattet, erhalten weniger (gute) Ausbildung(splätze), werden
im Durchschnitt schlechter bezahlt und sind häufiger arbeitslos als die Mehr-
heitsbevölkerung (Spallek und Razum 2016). Diese soziale Benachteiligung
schlägt sich auch innerfamiliär für die Kinder und Jugendlichen mit sogenannten
Migrationshintergrund beispielsweise über die Bildungssituation nieder, wenn
migrantische Jugendliche häufiger einen niedrigen oder gar keinen Schulabschluss
besitzen (Schenk 2007). Soziale und berufliche Abstiegsprozesse, gesundheits-
schädigende Wohn- und Arbeitsbedingungen und berufliche und ökonomische
Unsicherheit zeigen ebenso wie Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung, man-
gelnde soziale Anerkennung und Informationsdefizite einen starken Zusammen-
hang mit psychischer Gesundheit und Wohlbefinden für Migrant_innen wie
Nicht-Migrant_innen (Schenk 2007; Spallek und Razum 2016; Sting 2010). „Mig-
ranten mit schlechten Jobs haben auch mehr Gesundheitsprobleme“ (Kirkcaldy
et al. 2006, S. 874). Gesundheitliche Risiken von Migrant_innen können dann
als Folge sozialer Benachteiligung gesehen werden (Schenk 2007). Allerdings
erklärt der niedrige Sozialstatus nicht allein die gesundheitlichen Ungleichheiten
zwischen Migrant_innen und Nicht-Migrant_innen. Bei der Betrachtung von
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369