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405Desiderata:
Soziale Netzwerk und gesundheitliche Ungleichheiten …
Weiterhin scheinen unterschiedliche Mechanismen sozialer Netzwerke (siehe
Kap. „Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken“) in verschiedenen Lebens-
phasen zu wirken. Beispielsweise dürfte sozialer Einfluss in Form direkter sozia-
ler Kontrolle, zu Beginn des Lebens für die Individualentwicklung (ausgeübt von
den Eltern) erheblicher sein als soziale Ansteckung. Soziale Ansteckung dürfte
mit zunehmender Autonomie des Individuums im Lebensverlauf eher zunehmen,
um möglicherweise zum Lebensende hin gegenüber sozialer Kontrolle (z. B. aus-
geübt von Helfern) wieder an Bedeutung zu verlieren. Um diese zeitliche Per-
spektive der Dynamiken und Veränderungen sozialer Netzwerke zu erforschen,
bedarf es weiterer konzeptueller Zusammenschlüsse von soziologischer Netz-
werk- und psychologischer Entwicklungsforschung, in denen verschiedene
phasenspezifische Regulationsmechanismen angenommen werden.
Für die Netzwerke von Kindern stellt Daniel Lois (siehe Kap. „Soziale Netz-
werke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit“) fest, dass in der
empirischen Forschung Familiennetzwerke häufig zu eng gefasst werden und
Geschwister, Großeltern, entferntere Verwandte oder optierte Familienmitglieder
zu selten eingeschlossen werden. Die sich im Zuge der Modernisierung diversi-
fizierenden Familiennetzwerke würden darüber hinaus vom Einbezug der Alte-
ri-Kanten und deren Formalisierung auch als negative Beziehungen profitieren.
So sind Netzwerke von Kindern aus Patchwork-Familien denkbar, die vier oder
mehr Paare von Großeltern enthalten, deren Alteri-Beziehungen möglicher-
weise von den nicht immer konfliktfreien Beziehungen der zugehörigen Eltern,
etwa nach einer Scheidung (siehe Kap. „Soziale Netzwerke und gesundheitliche
Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter“), beeinflusst werden.
Die Muster derartiger positiver und negativer Beziehungen von entfernteren Ver-
wandten werden in vielerlei Gestalt relevant für die Gesundheit des Kindes, etwa,
wenn bestimmte Großeltern (beispielsweise Eltern des geschiedenen Partners)
aufgrund ihres riskanten Gesundheitsverhaltens aus dem Netzwerk eigentlich
ausgeschlossen werden (von der Mutter), aufgrund negativer Beziehungen zum
nachfolgenden Partner jedoch als Ressource finanzieller oder praktischer Unter-
stützung benötigt werden.
Das Jugendalter ist unter der Netzwerkperspektive das bisher am besten
untersuchte (siehe Kap. „Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche
Ungleichheiten im Jugendalter“). Hier werden von Irene Moor und Ko-Autor*in-
nen die meisten und größten, methodisch fortgeschrittenen Studien vorgestellt,
die dennoch inhaltliche Lücken aufweisen. Ein Großteil der zitierten Studien im
Jugendalter richtet sich überwiegend auf schulische Kontexte. Damit wird zu häu-
fig auf wichtige Netzwerkanteile von Familien und außerschulischen Kontakten
(z. B. in Vereinen) zugunsten von Erhebungen des Gesamtnetzwerkes (Schule hat
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Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
Eine neue Perspektive für die Forschung
- Title
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten
- Subtitle
- Eine neue Perspektive für die Forschung
- Authors
- Andreas Klärner
- Markus Gamper
- Sylvia Keim-Klärner
- Irene Moor
- Holger von der Lippe
- Editor
- Nico Vonneilich
- Publisher
- Springer VS
- Location
- Wiesbaden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-658-21659-7
- Size
- 14.5 x 21.0 cm
- Pages
- 436
- Category
- Medien
Table of contents
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten – eine neue Perspektive für die Forschung 1
- Theoretische und methodische GrundlagenSoziale Beziehungen, soziales Kapital und sozialeNetzwerke – eine begriffliche Einordnung 33
- Netzwerktheorie(n) – Ein Überblick 49
- Wirkmechanismen in sozialen Netzwerken 65
- Negative Beziehungsaspekte und gesundheitliche Ungleichheiten 87
- Netzwerkanalyse – eine methodische Annäherung 109
- Soziale Netzwerke, familiales Sozialkapital und kindliche Gesundheit 137
- Soziale Netzwerke, Gesundheit und gesundheitliche Ungleichheiten im Jugendalter 163
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im jungen und mittleren Erwachsenenalter 193
- Soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten im Alter 227
- Ungleichheitsdimensionen Sozialer Status, soziale Beziehungen und Gesundheit 257
- Geschlecht und gesundheitliche Ungleichheiten – Soziale Netzwerke im Kontext von Gesundheit und Gesundheitsverhalten 273
- Arbeitslosigkeit, soziale Netzwerke und gesundheitliche Ungleichheiten 309
- Soziale Netzwerke und die Gesundheit von Alleinerziehenden 329
- Soziale Netzwerke und Behinderung – Zugang und Stabilisierung der Einbindung in den allgemeinen Arbeitsmarkt 347
- Migration als gesundheitliche Ungleichheitsdimension? Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Gesundheit und soziale Netzwerke 369