Page - 169 - in Stalins Soldaten in Österreich - Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Image of the Page - 169 -
Text of the Page - 169 -
2. Die diplomatische Ebene 169
Berater ab. Herbe Kritik traf ihn jedoch im Herbst 1951 im Zuge der Überprü-
fung und anschließenden Umstrukturierung der SČSK. Noch vor Jahresende
ließ ihn das Politbüro wegen seiner nicht zufriedenstellenden Arbeit als Polit-
berater nach Moskau versetzen,52 wo ihn allerdings das MID zum stellvertre-
tenden Leiter der 3. Europäischen Abteilung machte. In Österreich übernahm
Sergej M. Kudrjavcev seinen Posten,53 der offensichtlich als „qualifizierter“
für das Amt des Politberaters in Österreich galt.54 Koptelov starb 1952 mit 48
Jahren.
Kudrjavcev (1915–1998) war nach dieser Ämterrochade von November
1951 bis Juli 1955 Politberater, wobei ihm ab Mitte 1953 zugleich die Funktion
des stellvertretenden Hochkommissars zufiel. Er war nach seiner Tätigkeit
als TASS-Korrespondent in Berlin 1941 in den diplomatischen Dienst getre-
ten und hatte 1946 als Gehilfe des Politberaters der „Sowjetischen Militär-
administration in Deutschland“ (SMAD) fungiert. Nach seiner Tätigkeit in
Österreich übte er für zwei weitere Jahre das Amt des Gesandten in Bonn aus
und kehrte danach als Leiter der 3. Europäischen Abteilung nach Moskau zu-
rück.55 Nach mehreren Botschafterposten war Kudrjavcev von 1971 bis 1972
Vertreter bei der UNESCO.56
Doch nicht nur die diplomatische Schiene war für Österreich hochkarätig
besetzt. Wien stellte gerade auch bei den Militärs ein wichtiges Betätigungs-
feld dar, wo Meriten zu verdienen waren. Der Einsatz zu Kriegsende sowie in
der Besatzungszeit konnte als Kaderschmiede dienen; er konnte sich mitunter
aber auch als Sackgasse herausstellen. Im kollektiven Gedächtnis der österrei-
chischen Bevölkerung ist die Rote Armee allerdings auf jeden Fall ungleich
stärker verankert, trat doch die diplomatische Ebene für die Einheimischen
nicht wahrnehmbar in Erscheinung.
52 RGASPI, F. 17, op. 162, d. 47, S. 11–13, Politbürobeschluss des ZK der VKP(b) P 84 (215)-op, Über
Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeit des Sowjetischen Teils der Alliierten Kommission für
Österreich, 1.11.1951. Abgedruckt in: Karner – Stelzl-Marx – Tschubarjan, Die Rote Armee in Ös-
terreich, Dok. Nr. 77. Vgl. Knoll – Stelzl-Marx, Der Sowjetische Teil der Alliierten Kommission, S.
201–203; Ruggenthaler, Warum Österreich nicht sowjetisiert wurde, S. 694f. Siehe dazu auch das
Kapitel A.III.5.4 „‚Eine Reihe ernsthafter Mängel‘: Überprüfung 1951“ in diesem Band.
53 Mueller, Die sowjetische Besatzung in Österreich, S. 57.
54 RGASPI, F. 82, op. 2, d. 1117, S. 44–55, hier: S. 54f., Bericht von A. Smirnov und S. Šatilov an V.
Grigor’jan über die Arbeit des Sowjetischen Teils der Alliierten Kommission für Österreich und
Maßnahmen zur Stärkung des sowjetischen Einflusses in Österreich, 17.10.1951. In diesem Bericht
hieß es wörtlich: „Für die Stärkung der Führung des Sowjetischen Teils des Alliierten Rates für
Österreich wäre es sinnvoll, einen qualifizierteren Hochkommissar und Politischen Berater zu er-
nennen.“ Zit. nach: Knoll – Stelzl-Marx, Der Sowjetische Teil der Alliierten Kommission, S. 201.
55 Mueller, Die sowjetische Besatzung Österreichs, S. 57.
56 Knoll – Ruggenthaler, Biographische Skizzen, S. 923.
back to the
book Stalins Soldaten in Österreich - Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955"
Stalins Soldaten in Österreich
Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Stalins Soldaten in Österreich
- Subtitle
- Die Innensicht der sowjetischen Besatzung 1945–1955
- Author
- Barbara Stelzl-Marx
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78700-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 874
- Categories
- Geschichte Nach 1918