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Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg (1813–1858) – Eine Lebensskizze 21
vormärzlichen Paradieses.“1 es war diese negative stimmung des hofes ge-
genüber den ständischen oppositionellen der Jahre vor 1848, die Andrian
als hauptverantwortlich dafür ansah, dass man ihm den Wiedereinstieg
in den öffentlichen dienst verweigerte, wobei er dieselbe haltung auch bei
ministerpräsident fürst felix schwarzenberg ortete, der „die überzeugung
hege, daß unsere damaligen ständischen Agitationen die ereignisse des Jah-
res 1848 herbeygeführt hätten“ und „einen eingewurzelten leidenschaftli-
chen haß gegen Alles trägt, was sich an der ständischen Bewegung vor dem
Jahre 1848 […] betheiligte.“2 Zwei Jahre musste er darauf warten, ehe er im
mai 1851 die gelegenheit bekam, dem kaiser persönlich seine loyalität zu
versichern, wobei er die gewährung der Audienz als rehabilitation ansah,
die aber gleichzeitig „keine genügende satisfaction für das unrecht, das mir
in olmütz widerfahren“ sein könne.3
doch das gegenteil dessen, was Andrian sich erwartet hatte, trat ein. We-
der wurde das misstrauen gegen ihn beim kaiser und seiner umgebung aus-
geräumt, noch brachte ihn die Änderung der regierungsverhältnisse nach
dem tod fürst schwarzenbergs im April 1852 dem gewünschten Ziel näher.
selbst ein eintritt in den malteser-ritterorden zur langfristigen Absiche-
rung der materiellen existenz scheiterte am veto des kaisers.4 schließlich
wurde Andrian vollständig zur persona non grata am hof, als ihm ende 1853
durch einen „gewaltstreich“ der Zugang zum kaiser und die Ausübung der
kämmererwürde untersagt wurde, wovon er während einer Ägyptenreise
erfuhr.5 dies war exakt jene maßnahme, die frh. karl friedrich von kü-
beck bereits 1847 als konsequenz auf das Bekanntwerden von Andrians
Autorschaft von Österreich und dessen Zukunft „im interesse des staates“
gefordert hatte, da er sich „gerade auf seine gesellschaftliche stellung, insbe-
sondere bei hofe, […] unendlich viel zu gut“ tue. „ein solches subjekt wird
durch schande, die verdient über ihn verhängt wird, selbst am empfind-
1 tagebuch Andrian, eintrag v. 30.3.1849.
2 ebda, einträge v. 31.3. und 19.4.1851.
3 ebda, eintrag v. 2.5.1851.
4 „seine majestät der kaiser, immer bereit, seinen getreuen unterthanen in großen wie
in kleinen dingen auf die füße zu treten, haben mir die erlaubniß, in den maltheser-
orden zu treten, abgeschlagen […] dieser vorgang, welcher ganz ohne Beyspiel ist, sieht
einer kleinlichen Bosheit sehr ähnlich.“ ebda, eintrag v. 12.5.1853. das konzept des
Aufnahmeantrags v. 27.12.1852 und die Ablehnung durch Allerhöchste entschließung v.
23.4.1853, die Andrian erst am 18.6.1853 schriftlich übermittelt wurde, in k. 115, um-
schlag 669.
5 Ebda, Eintrag v. 13.2.1854. Die entsprechende offizielle Verständigung durch das Oberst-
kämmereramt v. 24.12.1853 in k. 115, umschlag 668. Außer Andrian waren 13 weitere
kämmerer von diesen maßnahmen betroffen, die auf den empfehlungen einer dafür einge-
richteten Purifizierungskommission beruhten.
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Volume I
- Title
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Subtitle
- Tagebücher 1839–1858
- Volume
- I
- Author
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Editor
- Franz Adlgasser
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 744
- Keywords
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Category
- Biographien