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Utopia
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niemandem liegt Verstellung so fern wie ihm; niemand ist schlichter und zugleich klüger. Ferner kann er sich so gefällig und harmlos-witzig unterhalten, daß der so angenehme Umgang und die so liebe Plauderei mit ihm zu einem großen Teile mich die Sehnsucht nach der Heimat und dem heimischen Herd, nach meiner Frau und meinen Kindern leichter ertragen ließ; denn schon damals war ich über vier Monate von daheim fort, und in überaus beängstigender Weise quälte mich das Verlangen, sie wiederzusehen. Eines Tages hatte ich in der wunderschönen und vielbesuchten Liebfrauenkirche am Gottesdienst teilgenommen und schickte mich an, nach Beendigung der Feier von dort in meine Herberge zurückzukehren, da sehe ich Peter zufällig sich mit einem Fremden unterhalten, einem älteren Manne mit sonnverbranntem Gesicht und langem Bart. Der Mantel hing ihm nachlässig von der Schulter herab, und seinem Aussehen und seiner Kleidung nach war er ein Seemann. Sobald mich Peter erblickte, kam er auf mich zu und grüßte. Als ich antworten wollte, nahm er mich ein wenig beiseite und fragte: »Siehst du den da?« Dabei zeigte er auf den, mit dem ich ihn hatte sprechen sehen. »Den wollte ich gerade jetzt zu dir bringen.« – »Er wäre mir sehr willkommen gewesen«, antwortete ich, »und zwar deinetwegen.« – »Nein«, sagte er, »vielmehr seinetwegen, wenn du den Mann nur schon kenntest. Denn niemand in der ganzen Welt kann dir heutzutage so viel von unbekannten Menschen und Ländern erzählen, und, wie ich weiß, bist du ja ganz versessen darauf, so etwas zu hören.« – »Also war meine Vermutung«, sagte ich, »gar nicht so falsch. Denn gleich auf den ersten Blick habe ich ihn als Seemann erkannt.« – »Und doch hast du dich stark geirrt; er fährt wenigstens nicht als Palinurus, sondern als Odysseus oder vielmehr als Plato. Denn dieser Raphael – so heißt er nämlich, und sein Familienname ist Hythlodeus – ist nicht wenig bewandert im Lateinischen und sehr bewandert im Griechischen, und zwar hat er die griechische Sprache deshalb mehr getrieben als die der Römer, weil er sich ganz der Philosophie gewidmet und erkannt hatte, daß auf dem Gebiete der Philosophie im Lateinischen nichts von irgendwelcher Bedeutung vorhanden ist außer einigem von Seneca und Cicero. Dann überließ er sein vom Vater ererbtes Gut, in dem er wohnte, seinen Brüdern, schloß sich – er ist nämlich Portugiese – dem Amerigo Vespucci an, um sich die Welt anzusehen, und war dessen ständiger Begleiter auf den drei letzten seiner vier Seereisen, die man schon hier und da gedruckt lesen kann. Von der letzten jedoch kehrte er nicht mit ihm zurück. Er bemühte sich vielmehr darum und erpreßte von Amerigo die Erlaubnis, zu jenen vierundzwanzig zu gehören, die am Ende der letzten Seereise in einem Kastell zurückgelassen wurden. So blieb er denn dort zurück, entsprechend seiner Sinnesart, die mehr nach einem Aufenthalte in fremdem Lande als nach einem Grabmale verlangt. Führt er doch dauernd solche Sprüche im Munde 10
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Utopia
Zur englischen Version
Title
Utopia
Author
Thomas Morus
Date
1516
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
106
Keywords
Utopie, Staat, Religion
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Vorrede 4
  2. Teil 1 8
    1. Rede des trefflichen Raphael Hythlodeus über den besten Zustand des Staates, veröffentlicht von dem erlauchten Thomas Morus, Bürger und Vicecomes der rühmlich bekannten britischen Haupstadt London. 9
  3. Teil 2 40
    1. Des Raphael Hythlodeus Rede ĂĽber den besten Zustand des Staates 41
    2. Die Städte, namentlich Amaurotum 44
    3. Die Obrigkeiten 47
    4. Die Handwerke 48
    5. Der Verkehr der Utopier miteinander 53
    6. Die Reisen der Utopier 58
    7. Die Sklaven 76
    8. Das Kriegswese 84
    9. Die Religion der Utopier 92
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