Page - 45 - in Utopia
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Stadtteilen. Läßt das irgendwo die Beschaffenheit des Geländes nicht zu, so
sammelt man in geräumigen Zisternen das Regenwasser, das dann den
gleichen Dienst leistet.
Eine hohe und breite Mauer mit zahlreichen Türmen und Schutzwehren
umgibt die Stadt auf allen Seiten; ein trockener, aber tiefer, breiter und durch
Dorngestrüpp unwegsamer Graben umzieht die Stadtmauer auf drei Seiten;
auf der vierten dient der Fluß selbst als Wehrgraben.
Die Straßen sind ebenso zweckmäßig für den Wagenverkehr wie für den
Windschutz angelegt. Die Häuser sind keineswegs unansehnlich; man
übersieht ihre lange und längs der ganzen Straße ununterbrochene Reihe von
der gegenüberliegenden Häuserfront aus. Der Weg zwischen diesen beiden
Fronten ist 30 Fuß breit. An der Rückseite der Häuser zieht sich die ganze
Straße entlang eine breite Gartenanlage hin, die von der Rückseite anderer
Häuserreihen eingezäunt ist.
Jedes Haus hat einen Eingang von der Straße her und eine Hintertür, die in
den Garten führt. Die Türen haben zwei Flügel, lassen sich durch einen leisen
Druck mit der Hand öffnen und schließen sich dann von selbst wieder, so daß
ein jeder ins Haus hinein kann: so wenig ist irgendwo etwas Eigentum eines
einzelnen; denn sogar die Häuser wechselt man alle zehn Jahre, und zwar
verlost man sie.
Auf die erwähnten Gärten halten die Utopier große Stücke. In ihnen haben
sie Wein, Obst, Gemüse und Blumen in solcher Pracht und Pflege, daß es
alles übertrifft, was ich irgendwo an Fruchtbarkeit und gutem Geschmack
gesehen habe. Ihren Eifer dabei spornt nicht bloß ihr Vergnügen an der
Gartenarbeit an, sondern auch der Wettstreit der Straßenzüge in der Pflege der
einzelnen Gärten. Und sicherlich wird man nicht leicht in der ganzen Stadt
etwas finden, was für die Bürger nützlicher oder unterhaltsamer wäre, und,
wie es scheint, hat deshalb auch der Gründer des Reiches auf nichts größere
Sorgfalt verwendet als auf derartige Gärten.
Wie es nämlich heißt, hat Utopus selber gleich von Anfang an diesen
ganzen Plan der Stadt festgelegt. Die Ausschmückung jedoch und den
weiteren Ausbau überließ er den Nachkommen in der Erkenntnis,
daß ein Menschenalter dazu nicht ausreichen werde. Daher steht in den
Geschichtsbüchern der Utopier, die die Geschichte von 1760 Jahren seit
Eroberung der Insel umfassen, fleißig und gewissenhaft geschrieben sind und
von ihnen aufbewahrt werden, die Häuser seien im Anfang niedrig gewesen,
eine Art Baracken und Hütten, ohne Sorgfalt aus irgendwelchem Holz
errichtet, die Wände mit Lehm verschmiert, mit spitzen Giebeln und
Strohdächern. Aber heutzutage ist jedes Haus ein stattlicher Bau von drei
Stockwerken; die Außenseite der Wände besteht aus Granit oder einer
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book Utopia"
Utopia
- Title
- Utopia
- Author
- Thomas Morus
- Date
- 1516
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 106
- Keywords
- Utopie, Staat, Religion
- Categories
- Weiteres Belletristik