Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Weiteres
Belletristik
Utopia
Page - 56 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 56 - in Utopia

Image of the Page - 56 -

Image of the Page - 56 - in Utopia

Text of the Page - 56 -

wollen, am Feuer aus den Windeln nehmen, sich frei bewegen lassen und mit ihnen spielen können, damit sie wieder frisch und munter werden. Jede Mutter stillt ihr Kind selber, soweit das nicht Tod oder Krankheit unmöglich macht. Tritt dieser Fall ein, so besorgen die Frauen der Syphogranten rasch eine Amme; und das ist bald geschehen; denn die Frauen, die dazu imstande sind, bieten sich zu keiner Verrichtung lieber an, da solches Mitleid allgemeines Lob findet und der Säugling später in der Amme seine Mutter sieht. In der Ammenstube sitzen auch alle Kinder unter fünf Jahren; die übrigen Unmündigen – dazu rechnet man die noch nicht Heiratsfähigen beiderlei Geschlechts – bedienen entweder bei Tisch oder, soweit sie noch zu jung dazu sind, stehen sie doch dabei, und zwar in tiefstem Schweigen. Sie essen, was ihnen die am Tische Sitzenden reichen, und haben keine besondere Tischzeit. Am ersten Tisch in der Mitte sitzen der Syphogrant und seine Frau. Das ist der oberste Platz, von dem aus man die gesamte Gesellschaft übersieht; denn dieser Tisch steht im obersten Teile des Speisesaales quer. An den Syphogranten und seine Frau schließen sich zwei der Ältesten an; an allen Tischen sitzt man nämlich zu viert. Falls aber ein Tempel in der betreffenden Syphograntie liegt, sitzen der Priester und seine Frau so mit dem Syphogranten zusammen, daß sie den Vorsitz führen. Auf beiden Seiten folgen dann Jüngere, danach wieder Greise; auf diese Weise sitzen im ganzen Saale die Gleichaltrigen nebeneinander und doch auch mit anderen Altersstufen zusammen. Wie es heißt, hat man diese Einrichtung deshalb getroffen, damit die Würde der Alten und die Ehrfurcht vor ihnen die Jüngeren von ungehöriger Ausgelassenheit in Rede und Benehmen abhält; denn nichts, was bei Tische gesprochen oder getan wird, kann den Nachbarn ringsum entgehen. Die einzelnen Gänge werden nicht vom ersten Platze aus der Reihe nach gereicht, sondern die besten Gerichte werden immer zuerst allen Älteren vorgesetzt, deren Plätze besonders kenntlich sind; danach bedient man die übrigen ohne Unterschied. Jedoch geben die Greise von ihren Leckerbissen ganz nach Belieben den Umsitzenden ab; um sie nämlich im ganzen Saale in genügender Menge zu verteilen, sind es nicht genug. Auf diese Weise bleibt den Älteren die ihnen zukommende Ehre gewahrt, und trotzdem wird der Allgemeinheit die gleiche Bevorzugung zuteil. Zu Beginn einer jeden Mittags- und Abendmahlzeit wird ein Text moralischen Inhalts vorgelesen, der jedoch nur kurz ist, damit man der Sache nicht überdrüssig wird. Im Anschluß daran führen die Älteren ehrbare Gespräche, die weder trocken noch ohne Witz sind. Indessen halten sie nicht etwa während des ganzen Essens lange Reden; sie hören vielmehr auch den jungen Leuten gern zu. Ja, sie veranlassen sie absichtlich zum Reden, um von dem Charakter und Geist eines jeden einen Begriff zu bekommen, wenn er 56
back to the  book Utopia"
Utopia
Zur englischen Version
Title
Utopia
Author
Thomas Morus
Date
1516
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
106
Keywords
Utopie, Staat, Religion
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Vorrede 4
  2. Teil 1 8
    1. Rede des trefflichen Raphael Hythlodeus über den besten Zustand des Staates, veröffentlicht von dem erlauchten Thomas Morus, Bürger und Vicecomes der rühmlich bekannten britischen Haupstadt London. 9
  3. Teil 2 40
    1. Des Raphael Hythlodeus Rede über den besten Zustand des Staates 41
    2. Die Städte, namentlich Amaurotum 44
    3. Die Obrigkeiten 47
    4. Die Handwerke 48
    5. Der Verkehr der Utopier miteinander 53
    6. Die Reisen der Utopier 58
    7. Die Sklaven 76
    8. Das Kriegswese 84
    9. Die Religion der Utopier 92
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Utopia