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was ist das für ein Vergnügen, so sagen sie, die Würfel auf das Spielbrett zu
werfen? Und dabei tut man das so oft, daß schon aus der häufigen
Wiederholung ein Überdruß entstehen könnte, wenn wirklich ein Vergnügen
damit verbunden wäre. Oder wie könnte es angenehm sein und nicht vielmehr
Widerwillen erregen, das Gebell und Geheul der Hunde zu hören? Oder
inwiefern macht es mehr Vergnügen, wenn ein Hund einem Hasen als wenn er
einem anderen Hunde nachjagt? Denn in beiden Fällen handelt es sich doch
um den gleichen Vorgang: es wird gelaufen – wenn dir das Laufen Freude
machen sollte. Wenn dich aber die Aussicht auf Mord fesselt oder wenn du
auf die Zerfleischung wartest, die sich vor deinen Augen abspielen soll, so
müßte es doch eher dein Mitleid erregen, wenn du mit ansehen mußt, wie das
arme Häslein von dem Hunde zerrissen wird, der Schwache von dem
Stärkeren, der Scheue und Furchtsame von dem Wilden, der Harmlose
schließlich von dem Grausamen. Die Utopier haben deshalb dieses ganze
Geschäft des Jagens als eine der Freien unwürdige Beschäftigung den
Metzgern zugewiesen, deren Handwerk sie, wie oben erwähnt, von Sklaven
ausüben lassen. Ihrer Anschauung nach ist nämlich die Jagd die niedrigste
Verrichtung dieses Handwerks, die übrigen sind in ihren Augen nützlicher
und ehrbarer, weil sie die Tiere weit mehr schonen und nur aus Notwendigkeit
töten, während der Jäger einzig und allein im Morden und Zerfleischen des
armen Tieres sein Vergnügen sucht. Dieses Lustgefühl beim Anblick des
Mordens hat nach Ansicht der Utopier sogar beim Morden der Tiere seinen
Ursprung in einer grausamen Gemütsstimmung oder artet schließlich infolge
ständiger Wiederholung des so rohen Vergnügens in Grausamkeit aus. Diese
und alle sonstigen Genüsse derart – es gibt nämlich deren unzählige – hält
zwar die große Masse der Menschen für Vergnügen, die Utopier dagegen
erklären rund heraus, mit dem wahren Vergnügen habe das alles gar nichts zu
tun, da ihm von Natur alles Erfreuliche fehle. Denn wenn es auch für
gewöhnlich den Sinn mit Wohlbehagen erfüllt, was ja die Aufgabe des
Vergnügens zu sein scheint, so gehen die Utopier doch nicht von ihrer
Meinung ab. Der Grund dafür ist nämlich nicht die Natur der Sache selbst,
sondern die üble Gewohnheit der Menschen. Sie ist schuld daran, daß man
Bitteres als süß hinnimmt, genau so wie schwangere Frauen, deren
Geschmack gestört ist, Pech und Talg für süßer als Honig halten. Aber das
Urteil eines einzelnen, das durch Krankheit oder Gewöhnung getrübt ist, kann
die Natur nicht ändern, die des Vergnügens ebensowenig wie die anderer
Dinge.
Von den nach ihrer Ansicht echten Vergnügen unterscheiden die Utopier
verschiedene Arten, und zwar weisen sie die einen der Seele und die anderen
dem Leibe zu. Zu den Vergnügen der Seele zählen sie die geistige Betätigung
sowie das Wohlbehagen, das die Betrachtung der Wahrheit hervorruft. Dazu
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Utopia
- Title
- Utopia
- Author
- Thomas Morus
- Date
- 1516
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 106
- Keywords
- Utopie, Staat, Religion
- Categories
- Weiteres Belletristik