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Utopia
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unverletzlich, teils infolge der Gerechtigkeit und Redlichkeit der Fürsten selbst, teils infolge der Ehrerbietung und Scheu der Geistlichkeit gegenüber, die selber keine Verpflichtung auf sich nimmt, ohne sie aufs gewissenhafteste einzuhalten, die aber auch sämtlichen übrigen Fürsten befiehlt, ihre Versprechen auf alle Weise zu erfüllen, dagegen diejenigen, die sich weigern, mit strenger Kirchenstrafe dazu zwingt. Mit Recht fürwahr meinen sie, es müßte höchst schimpflich erscheinen, wenn die Bündnisse jener Männer Treu und Glauben vermissen ließen, die in besonderem Sinne »Gläubige« heißen. In jener neuen Welt dagegen, die von der unsrigen fast weniger noch durch den Äquator als durch Lebensweise und Sitten geschieden ist, kann man sich auf Verträge überhaupt nicht verlassen. Je zahlreicher und feierlicher die Formalitäten sind, mit denen ein Vertrag gleichsam verknotet ist, um so schneller wird er gebrochen, weil es keine Mühe macht, seinen Wortlaut zu verdrehen. Die Leute dort setzen nämlich einen Vertrag bisweilen ganz verzwickt auf. Infolgedessen sind sie auch niemals auf Grund so fester Bindungen zu fassen, daß sie nicht durch irgendeine Masche entschlüpfen und in gleicher Weise mit der Vertragstreue Spott und Hohn treiben könnten. Wenn sie solch eine hinterlistige Gesinnung, ja solch einen Lug und Trug in einem Vertrag von Privatleuten fänden, so würden sie unter starkem Stirnrunzeln laut schreien, das sei ein Verbrechen, das den Galgen verdiene, und natürlich gerade die Leute, die sich rühmen, ihren Fürsten selber dazu geraten zu haben. Die Folge davon ist, daß entweder die gesamte Gerechtigkeit nur als eine niedrige Tugend des gemeinen Mannes erscheint, die sich tief unter den Thron des Königs duckt, oder daß es zum mindesten zwei Arten von Gerechtigkeit gibt. Die eine kommt dem gemeinen Manne zu, geht zu Fuß, kriecht am Boden und ist ringsum von zahlreichen Fesseln gehemmt, um nirgends eine Umzäunung überspringen zu können. Die andere ist die Tugend der Fürsten, erhabener als die des Volkes, aber in ebenso weitem Abstand auch freier, die sich alles erlauben darf, was ihr gefällt. Diese Treulosigkeit der Fürsten in jenen Ländern, die ihre Verträge so schlecht halten, ist meiner Meinung nach auch der Grund, daß die Utopier grundsätzlich keine abschließen; möglicherweise aber würden sie ihre Ansicht ändern, wenn sie hier lebten. Freilich erscheint es ihnen überhaupt als ein unheilvoller Brauch, ein Bündnis einzugehen, mag es auch noch so gewissenhaft gehalten werden. Denn es veranlaßt die Völker zu der Annahme, daß sie zu gegenseitiger Feindschaft im öffentlichen wie im privaten Leben geschaffen seien und daß sie mit Fug und Recht gegeneinander wüten, falls nicht Bündnisse dem im Wege stehen, gerade als ob keinerlei natürliche Gemeinschaft zwei Völker miteinander verbände, die nur ein winziger Zwischenraum, sei es ein Hügel oder ein Bach, trennt. Ja, selbst wenn Verträge abgeschlossen sind, so erwächst daraus nach ihrer 82
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Utopia
Zur englischen Version
Title
Utopia
Author
Thomas Morus
Date
1516
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
106
Keywords
Utopie, Staat, Religion
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Vorrede 4
  2. Teil 1 8
    1. Rede des trefflichen Raphael Hythlodeus über den besten Zustand des Staates, veröffentlicht von dem erlauchten Thomas Morus, Bürger und Vicecomes der rühmlich bekannten britischen Haupstadt London. 9
  3. Teil 2 40
    1. Des Raphael Hythlodeus Rede über den besten Zustand des Staates 41
    2. Die Städte, namentlich Amaurotum 44
    3. Die Obrigkeiten 47
    4. Die Handwerke 48
    5. Der Verkehr der Utopier miteinander 53
    6. Die Reisen der Utopier 58
    7. Die Sklaven 76
    8. Das Kriegswese 84
    9. Die Religion der Utopier 92
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