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Utopia
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Kampf und unversöhnlicher Haß von Grund aus zerstörten, sondern weil er der Ansicht war, damit sei auch der Religion gedient. Er wagte es auch nicht, über die Religion so ohne weiteres eine Entscheidung zu treffen, gleichsam in Ungewißheit darüber, ob Gott nicht doch einen mannigfaltigen und vielseitigen Kult haben wolle und deshalb die einzelnen auf verschiedene Weise inspiriere. Jedenfalls hielt er es für eine Anmaßung und Torheit, wenn jemand mit Gewalt und Drohungen verlangte, daß alle seine persönliche Ansicht über die Wahrheit teilten. Sollte aber wirklich nur einer Religion die meiste Wahrheit zukommen und sollten alle anderen wertlos sein, so würde sich dann schließlich einmal, das sah Utopus sicher voraus, die Macht der Wahrheit schon von selbst Bahn brechen und sich deutlich offenbaren, wenn man ihre Sache nur mit Vernunft und Mäßigung betreibe. Kämpfe man aber mit Waffen und Aufruhr um die Religion, so werde die beste und erhabenste zwischen den nichtigsten Wahnvorstellungen der Streitenden erstickt werden wie die Saaten zwischen Dornen und Gestrüpp, da gerade die schlechtesten Menschen am hartnäckigsten seien. Daher ließ Utopus diese ganze Frage unentschieden und stellte es einem jeden anheim, was er glauben wollte. Nur sollte niemand, das gebot er feierlich und streng, die Würde der menschlichen Natur so weit vergessen, daß er annehme, die Seele gehe zugleich mit dem Körper zugrunde oder im Laufe der Welt walte der blinde Zufall und nicht die göttliche Vorsehung. Und deshalb erwarten den Menschen, wie die Utopier glauben, nach diesem Leben Strafen für seine Missetaten und Belohnungen für seine Tugenden. Wer das Gegenteil annimmt, ist in ihren Augen nicht einmal ein Mensch, weil er die menschliche Seele in ihrer Erhabenheit in den niedrigen Zustand tierischer Körperlichkeit herunterdrückt; weit weniger noch rechnen sie ihn zu ihren Mitbürgern. Denn um all ihre Einrichtungen und Sitten würde er sich nicht im geringsten kümmern, wenn ihn nicht die Furcht davon abhielte. Wer sollte nämlich daran zweifeln, daß ein solcher Mensch danach trachten würde, die Staatsgesetze seines Landes entweder im geheimen mit List zu umgehen oder mit Gewalt zu verletzen, sofern er dadurch seine persönlichen Wünsche befriedigen kann, da er ja über die Gesetze hinaus nichts mehr fürchtet und über den Tod hinaus nichts mehr erhofft? Deshalb erweist man einem, der so gesinnt ist, keine Ehre und überträgt ihm auch kein öffentliches Amt. So wird er allenthalben als ein unbrauchbarer Mensch von niedrigem Charakter verachtet. Aber eine wirkliche Strafe erleidet er nicht, weil es die Überzeugung der Utopier ist, daß es nicht im Belieben des Menschen steht zu glauben, was er will. Sie zwingen ihn auch weder mit irgendwelchen Drohungen, seine wahre Gesinnung zu verheimlichen, noch lassen sie Heuchelei und Lügen zu, die in ihren Augen an Betrug grenzen und ihnen deshalb überaus verhaßt sind. Wohl aber verbieten sie ihm, seine Meinung zu verteidigen, jedoch nur vor der großen Masse. Sonst nämlich, in einem geschlossenen Kreise von Priestern und 94
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Utopia
Zur englischen Version
Title
Utopia
Author
Thomas Morus
Date
1516
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
106
Keywords
Utopie, Staat, Religion
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Vorrede 4
  2. Teil 1 8
    1. Rede des trefflichen Raphael Hythlodeus über den besten Zustand des Staates, veröffentlicht von dem erlauchten Thomas Morus, Bürger und Vicecomes der rühmlich bekannten britischen Haupstadt London. 9
  3. Teil 2 40
    1. Des Raphael Hythlodeus Rede über den besten Zustand des Staates 41
    2. Die Städte, namentlich Amaurotum 44
    3. Die Obrigkeiten 47
    4. Die Handwerke 48
    5. Der Verkehr der Utopier miteinander 53
    6. Die Reisen der Utopier 58
    7. Die Sklaven 76
    8. Das Kriegswese 84
    9. Die Religion der Utopier 92
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