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Utopia
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ernsten Männern, lassen sie es nicht bloß zu, sondern fordern auch noch dazu auf, weil sie zuversichtlich damit rechnen, sein Wahnsinn werde doch noch endlich einmal der Vernunft weichen. Andere, und zwar gar nicht wenige, begehen den gerade entgegengesetzten Fehler – man macht ihnen keine Schwierigkeiten, da ihre Ansicht nicht ganz unbegründet ist und sie selbst nicht bösartig sind – und meinen, auch die Tierseelen seien unsterblich, jedoch nicht vergleichbar an Würde mit unseren Menschenseelen und auch nicht zu gleicher Glückseligkeit geschaffen. Die Utopier sind nämlich fast alle fest davon überzeugt, daß den Menschen eine unbegrenzte Glückseligkeit bevorsteht. Infolgedessen wehklagen sie stets, wenn jemand krank ist, niemals aber, wenn jemand stirbt; sie müßten denn gerade sehen, wie sich der Sterbende nur mit Angst und Widerwillen vom Leben losreißt. Das halten sie nämlich für ein ganz schlimmes Vorzeichen, gleich als ob die Seele ohne Hoffnung und mit schlechtem Gewissen in irgendeiner dunklen Ahnung drohender Strafe vor dem Ende zurückschaudere. Außerdem wird sich nach ihrer Meinung Gott nicht über die Ankunft eines Menschen freuen, der auf seinen Ruf nicht bereitwillig herbeieilt, sondern sich nur ungern und widerstrebend hinschleppen läßt. Vor einem solchen Sterben entsetzen sich denn auch die, die es mit ansehen, und wer so stirbt, wird in Trauer und aller Stille aus der Stadt getragen; dann betet man zu dem den Seelen der Verstorbenen gnädigen Gott, er möge dem Heimgegangenen seine Sünden aus Gnaden vergeben, und setzt die Leiche bei. Wer dagegen freudig und voll Zuversicht stirbt, wird von niemandem betrauert, sondern unter Gesang gibt man ihm das letzte Geleit und empfiehlt seine Seele liebevoll dem großen Gott. Schließlich verbrennt man den Leichnam mehr in Ehrfurcht als in Trauer und errichtet an Ort und Stelle eine Denksäule, in die die Ehrentitel des Toten eingemeißelt sind. Nach der Rückkehr von der Beisetzung unterhält man sich über Lebenswandel und Taten des Heimgegangenen, und kein Abschnitt seines Lebens wird dabei häufiger oder lieber besprochen als sein seliges Ende. Dieses ehrende Gedenken rechtschaffener Menschen ist in den Augen der Utopier für die Lebenden ein überaus wirksamer Anreiz zur Tugend und zugleich für die Verstorbenen eine höchst willkommene Verehrung. Sie denken sich nämlich, daß die Heimgegangenen bei den Gesprächen über sie zugegen sind, wenn auch unsichtbar für das schwache Auge der Sterblichen. Einerseits nämlich würde es gar nicht mit ihrer Glückseligkeit vereinbar sein, wenn sie in ihrer Bewegungsfreiheit beschränkt wären, und anderseits wäre es undankbar von ihnen, wenn sie überhaupt keine Sehnsucht mehr empfänden, ihre Lieben wiederzusehen, mit denen sie bei Lebzeiten durch gegenseitige Liebe und Hochschätzung verbunden waren, Neigungen, die bei guten Menschen, so vermutet man, wie die übrigen trefflichen Eigenschaften nach 95
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Utopia
Zur englischen Version
Title
Utopia
Author
Thomas Morus
Date
1516
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
106
Keywords
Utopie, Staat, Religion
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Vorrede 4
  2. Teil 1 8
    1. Rede des trefflichen Raphael Hythlodeus über den besten Zustand des Staates, veröffentlicht von dem erlauchten Thomas Morus, Bürger und Vicecomes der rühmlich bekannten britischen Haupstadt London. 9
  3. Teil 2 40
    1. Des Raphael Hythlodeus Rede über den besten Zustand des Staates 41
    2. Die Städte, namentlich Amaurotum 44
    3. Die Obrigkeiten 47
    4. Die Handwerke 48
    5. Der Verkehr der Utopier miteinander 53
    6. Die Reisen der Utopier 58
    7. Die Sklaven 76
    8. Das Kriegswese 84
    9. Die Religion der Utopier 92
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