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Utopia
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zu heiraten; denn sie verschmähen die Kräfte nicht, die von der Ehe ausgehen, und glauben der Natur ihren Zoll entrichten zu müssen und dem Vaterlande Kinder schuldig zu sein. Jedes Vergnügen, das sie in keiner Beziehung von der Arbeit abhält, ist ihnen willkommen. Das Fleisch vierfüßiger Tiere schätzen sie schon aus dem Grunde, weil sie von einer solchen Nahrung eine bessere Kräftigung zu jeder Arbeit erwarten. Die Anhänger dieser Sekte sind in den Augen der Utopier klüger, die der anderen dagegen frömmer. Die letzteren würde man auslachen, wenn sie sich bei der Bevorzugung der Ehelosigkeit und eines beschwerlichen Lebens auf Gründe der Vernunft stützen wollten; so aber betrachtet man sie wegen ihrer religiösen Beweggründe mit Ehrfurcht und Hochachtung. Vor nichts scheuen sie sich nämlich ängstlicher als vor irgendeiner unbedachten Äußerung über die Religion. Derart also sind die Leute, die die Utopier mit einem besonderen Namen in ihrer Landessprache als »Buthresken« bezeichnen, was etwa unserem Worte »Mönche« entspricht. Die Priester der Utopier sind außerordentlich fromm und deshalb sehr gering an Zahl. Es gibt nämlich in jeder Stadt nicht mehr als dreizehn, entsprechend der Zahl der Gotteshäuser, außer in Kriegszeiten. Dann aber ziehen sieben von ihnen mit dem Heere ins Feld und werden in der Zwischenzeit durch eine gleiche Anzahl ersetzt. Kommen dann die anderen zurück, so nimmt jeder von ihnen wieder seine alte Stelle ein. Die Überzähligen treten der Reihe nach an die Stelle der mit Tod Abgehenden; bis dahin sind sie Gehilfen des Oberpriesters, und einer wird an ihre Spitze gestellt. Die Priester werden vom Volke gewählt, und zwar wie die übrigen Beamten in geheimer Abstimmung, wodurch man Begünstigungen vermeiden will; die Weihe der Gewählten vollzieht dann ihr eigenes Kollegium. Die Priester leiten den Gottesdienst, besorgen die Angelegenheiten des Kultus und sind eine Art Sittenrichter, und es gilt als eine große Schande, wenn jemand von ihnen wegen seines schlechten Lebenswandels vorgeladen und zur Rede gestellt wird. Wenn auch die Priester das Recht haben zu ermahnen und zu warnen, so steht doch die Befugnis zu einer Maßregelung und Bestrafung von Übeltätern nur dem Bürgermeister und den übrigen Amtspersonen zu, nur daß die Priester ihrerseits diejenigen, die sie als schlimme Sünder kennenlernen, vom Gottesdienst ausschließen. Und es gibt kaum eine Strafe, die man mehr fürchtet; denn sie macht völlig ehrlos und erweckt eine geheime religiöse Furcht, die den Sinn zerrüttet, da die so Bestraften auch nicht hinsichtlich ihres Körpers lange ohne Sorge sein können. Wenn sie nämlich die Priester nicht schnell von ihrer Reue überzeugen, werden sie festgenommen und vom Senat wegen Gottlosigkeit bestraft. Der Unterricht der Kinder und Jugendlichen liegt in den Händen der Priester, und diese lassen sich mehr die Erziehung zu Sitte und Tugend als die 97
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Utopia
Zur englischen Version
Title
Utopia
Author
Thomas Morus
Date
1516
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
106
Keywords
Utopie, Staat, Religion
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Vorrede 4
  2. Teil 1 8
    1. Rede des trefflichen Raphael Hythlodeus über den besten Zustand des Staates, veröffentlicht von dem erlauchten Thomas Morus, Bürger und Vicecomes der rühmlich bekannten britischen Haupstadt London. 9
  3. Teil 2 40
    1. Des Raphael Hythlodeus Rede über den besten Zustand des Staates 41
    2. Die Städte, namentlich Amaurotum 44
    3. Die Obrigkeiten 47
    4. Die Handwerke 48
    5. Der Verkehr der Utopier miteinander 53
    6. Die Reisen der Utopier 58
    7. Die Sklaven 76
    8. Das Kriegswese 84
    9. Die Religion der Utopier 92
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