Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
Die Wundes des Staates - Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Page - 20 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 20 - in Die Wundes des Staates - Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938

Image of the Page - 20 -

Image of the Page - 20 - in Die Wundes des Staates - Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938

Text of the Page - 20 -

20 Einleitung präsent gewesen : Die sichtbare Anwesenheit der Kriegsbeschädigten erhielt die Erin- nerung an den Krieg wenigstens eine Generation über dessen Ende hinaus wach. Kriegsbeschädigte waren aber nicht die einzigen Opfer des Krieges. Neben ihnen stellten auch die durch Kriegsereignisse verwundeten Zivilpersonen oder Soldaten, die den Krieg unverletzt überstanden hatten  – Heimkehrer, Demobilisierte, Kriegsgefan- gene  –, und natürlich die Hinterbliebenen der Gefallenen Ansprüche, wenn es um die Verteilung der knappen Nachkriegsressourcen ging. Unter den Kriegsbeschädigten nahmen wiederum Kriegsblinde, die sich sehr früh und meist in eigenen Verbänden organisierten, sowie Frauen eine Sonderstellung ein. Letztere hatten ihre Verwundun- gen, z. B. als Krankenschwestern, ebenfalls im Militärdienst, aber freilich nie im Kampf davongetragen. In der Folge entwickelten sich Opferhierarchien mit mehr oder we- niger privilegierten Gruppen. Konkurrenz zwischen den Opfergruppen entstand dort, wo es um Status und Entschädigung ging. Ja schon die Frage, wem es gelang, sich vor dem Staat erfolgreicher als Opfer zu definieren, unterlag einer Konkurrenz. Der Staat konnte seinerseits Kriegsbeschädigte zur Untermauerung der eigenen Legitimität oder zur Legitimation des Krieges benutzen, indem er sie besonders her- vorhob und demonstrativ vorführte. Diese nach dem Ersten Weltkrieg in Frankreich, nicht aber im selben Ausmaß in Großbritannien oder Deutschland geübte Überhö- hung der Kriegsbeschädigten ist für Österreich nicht festzustellen. Freilich ist für sol- che Politiken, aber genauso für die Ausprägung der jeweiligen Kriegsopferfürsorge auch entscheidend, wo der Krieg stattgefunden hatte (im eigenen Land oder außerhalb desselben) und ob der Staat als Sieger oder Verlierer jenes Krieges hervorging, dessen Wunden er nun zu „heilen“ hatte.16 Immer aber  – und sei es im repräsentativen Feld der Gedenkkultur  – gab es Be- reiche, in denen auch Österreich antrat, seine Kriegsbeschädigten in Ehren zu halten. Die Bedingungen in diesem Land blieben aber besondere : Der erste große Krieg des 20. Jahrhunderts hinterließ auf dem Boden des heutigen Österreich einen Kleinstaat. Jener Staat, für den die Soldaten in den Krieg gezogen waren, existierte nicht mehr. Damit war das Konzept des Gebens und Nehmens, wodurch das Verhältnis zwischen Staat und Soldat gekennzeichnet ist, empfindlich gestört. Ein ganz praktisches Prob- lem bildete dabei nach dem Zerfall der Habsburgermonarchie die plötzlich notwendig gewordene nationale Zuordnung der Kriegsbeschädigten. Die Schwierigkeiten, die die Aufteilung des Habsburgerreiches in verschiedene Nachfolgestaaten mit sich brachte, spiegeln sich auch in der staatlichen Verwaltung der Kriegsbeschädigten wider. Das Invalidenentschädigungsgesetz von 1919 definierte den Kreis der Leistungsbezieher 16 Wolfgang Schivelbusch, Die Kultur der Niederlage. Der amerikanische Süden 1865, Frankreich 1871, Deutschland 1918, Berlin 2001.
back to the  book Die Wundes des Staates - Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938"
Die Wundes des Staates Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die Wundes des Staates
Subtitle
Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Authors
Verena Pawlowsky
Harald Wendelin
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2015
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79598-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
586
Categories
Geschichte Nach 1918
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Die Wundes des Staates