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80 Die Gesetzgebung der Monarchie
2.4.4 Höhe der Leistungen
Die Regelung über die Zuwendungen an Kriegsbeschädigte und ihre Angehörige
sowie die bereits erwähnte Novellierung des Unterhaltsbeitragsgesetzes, beide in
den letzten Märztagen 1918 umgesetzt, stellten die letzten Maßnahmen dar, die vor
Kriegsende zur Alimentierung von Kriegsbeschädigten und ihren Angehörigen be-
schlossen wurden. Die Höhe der verschiedenen Leistungen hatte sich im Verlauf des
Krieges mehrmals geändert.
Die Höhe der Invalidenrente betrug bei ihrer Einführung im Jahr 1875 für den
einfachen Soldaten 36 Gulden pro Jahr, was nach der Währungsreform von 1892 72
Kronen entsprach, und genauso hoch sollte die Militärinvalidenrente auch während
des gesamten Ersten Weltkrieges bleiben. Ergänzt wurde diese Rente allenfalls durch
die Verwundungszulage, die nur in bestimmten Fällen90 ausbezahlt wurde und je nach
Ausmaß der Verletzung jährlich entweder 96, 192 oder 288 Kronen ausmachte.
Ab Juni 1915 konnte ein Kriegsbeschädigter, wenn ihm eine 20-prozentige Min-
derung der Erwerbsfähigkeit attestiert worden war, zusätzlich um Gewährung einer
staatlichen Unterstützung ansuchen, deren Höhe abhängig vom Grad der Minderung
der Erwerbsfähigkeit 60, 120 oder 180 Kronen pro Jahr erreichte. Damit erhöhte sich
die Rente ohne Hinzurechnung der Verwundungszulage auf maximal 21 Kronen pro
Monat (bei vollständiger Erwerbsunfähigkeit). Daran sollte sich bis zur Verlautbarung
des Gesetzes über die Gewährung von Zuwendungen91 im März 1918 nichts ändern.
Um eine Vorstellung davon zu bekommen, welche Kaufkraft dieser Betrag von ma-
ximal 21 Kronen repräsentierte, seien zwei Warenpreise von Anfang 1918 genannt :
Ein Kilo Mehl kostete zu dieser Zeit in Wien acht bis zehn Kronen, ein Kilo Fett 40
bis 50 Kronen.92 Die mit im März 1918 eingeführten Zuwendungen (Ersatz für die
1915 geschaffenen staatlichen Unterstützungen) brachten eine leichte Anhebung der
Bezüge von Kriegsbeschädigten. Je nach Minderung der Erwerbsfähigkeit (20–39 %,
40–59 %, 60–100 % MdE und völlige Arbeitsunfähigkeit) konnten Kriegsbeschädigte
nun in Wien 30, 48, 60 oder 90 Kronen zusätzlich zur Invalidenrente bekommen.
Damit stieg der Maximalbezug (bei völliger Arbeitsunfähigkeit) auf 96 Kronen pro
Monat. Hinzukommen konnte noch eine Verwundungszulage, die nach wie vor acht
bzw. 16 Kronen monatlich betrug. Jener Teil der Versorgungsgebühren, der durch die
Bezeichnung „Zuwendung“ ein kleines Extra zu den vorhandenen Bezügen sugge-
rierte, war also fünfzehnmal so hoch wie die Invalidenpension.
90 Vgl. FN 53 in Kapitel 2.4.2.
91 RGBl 1918/119.
92 Sten. Prot. AH RR, XXII. Session, 67. Sitzung v. 1.3.1918, S. 3410.
Die Wundes des Staates
Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Wundes des Staates
- Subtitle
- Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
- Authors
- Verena Pawlowsky
- Harald Wendelin
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79598-8
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Nach 1918