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Nach 1918
Die Wundes des Staates - Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
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108 Die soziale Kriegsbeschädigtenfürsorge im Krieg behandlung und Schulung,55 wohingegen für die Arbeitsvermittlung die Zivilstaats- verwaltung alleinverantwortlich sein sollte. Nach diesem Konzept überlappten sich die Zuständigkeiten also teilweise, und das war aus strukturellen Gründen auch gar nicht anders möglich. Das Hauptproblem lag in der Praxis nämlich darin, dass sowohl das Militär als auch die Landeskommis- sionen Heilanstalten betrieben und dass  – abgesehen von der dadurch notwendigen gegenseitige Verrechnung und der Tatsache, dass die Frage der Aufsichtspflicht und Kontrolle über diese Heilanstalten geklärt werden musste56  – anfangs auch unklar war, wer wie lange für die Kriegsbeschädigten zuständig war. Seit Herbst 1915 galt die Regelung, dass die Kosten der Nachbehandlung und Schulung der Kriegsbeschä- digten jedenfalls auf die Dauer eines Jahres das gemeinsame Heeresetat zu tragen habe57 und dass die Kriegsbeschädigten erst danach, wenn die Zuständigkeit der Ar- mee definitiv endete, der zivilen Versorgung anheimfielen. Diesem Reglement waren Verhandlungen der Militärverwaltung mit der österreichischen und der ungarischen Regierung vorangegangen. Angesichts der Tatsache, dass der geltende Finanzaus- gleich die ungarische Reichshälfte begünstigte, die zu den gemeinsamen Ausgaben weniger als zur Zahl der Invaliden beitrug,58 plädierte Ungarn für die aus seiner Perspektive vorteilhaftere Regelung, dass das Heeresetat die Invalidenfürsorge zur Gänze übernehmen sollte, während Österreich die Invalidenfürsorge  – aus denselben Gründen  – in Eigenregie durchführen wollte.59 Die Ein-Jahres-Regelung war dann der Kompromiss  – ein Kompromiss, der selbst vage war, blieb doch sogar unklar, von welchem Zeitpunkt an das „erste Jahr“ zu rechnen sei : Begann es mit dem Eintritt der Verletzung oder Erkrankung oder  – wie das Innenministerium meinte  – mit jenem Tag, an dem der Kriegsverletzte in die Verwaltung der Landeskommission übergeben wurde ?60 Die Zahl jener Kriegsbeschädigten, die länger als ein Jahr in Nachbehandlung stan- den, stieg im Laufe des Krieges jedenfalls kontinuierlich an und brachte die Lan- 55 Zur genauen Kompetenzabgrenzung in diesem Bereich siehe auch Franz Fahringer/Karl Friedrich Büsch/Hans Liebl (Hg.), Kriegsbeschädigtenfürsorge in Wien, Niederösterreich und Burgenland von 1914 bis 1929, Wien 1929, S.  36. 56 Grundsätzlich hatten hier die Militärbehörden mehr Rechte : Über Antrag der Landeskommissionen sollten sie darauf achten, dass auch in den zivilen Heilanstalten „für eine entsprechende militärische Überwachung vorgesorgt [wurde]“ ; sie durften diese Heilanstalten zudem revidieren und die dort unter- gebrachten Pfleglinge untersuchen lassen ; K.k. Ministerium des Innern, Mitteilungen, 1915, S.  6. 57 RGBl 1915/261. 58 Zu den genauen Verhältniszahlen siehe Kapitel 2.4.5. 59 AT-OeStA/AdR BMfsV Kb, Kt. 1356, 1244/1918. 60 K.k. Ministerium des Innern, Mitteilungen, 1917, S.  270. Siehe auch AT-OeStA/AdR BMfsV Kb, Kt. 1362, 20712/1918.
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Die Wundes des Staates Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die Wundes des Staates
Subtitle
Kriegsopfer und Sozialstaat in Österreich 1914–1938
Authors
Verena Pawlowsky
Harald Wendelin
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2015
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79598-8
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
586
Categories
Geschichte Nach 1918
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