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20 Die Propagandawalze des Dritten Reiches, die alle Bereiche des täglichen Le-
bens erfasste, prägte auch die Bereiche „Spiel und Sport“.
Es begann bei den Spielsachen im Elternhaus über die öffentlichen Spiele im
Schulverband bis zu Großveranstaltungen in Stadien.
Der Markt wurde von Kriegsspielzeug aller Art überschwemmt. So besitze ich
noch heute eine Sammlung von vorwiegend deutschen Soldaten aller Waf-
fengattungen inklusive Adolf Hitler in seiner Parteiuniform mit einem beweg-
lichen rechten Arm zum Hitlergruß aus Keramik – einige französische und eng-
lische Soldaten stellen das gegnerische Kontingent dar –, dazu noch Panzer,
Flugzeuge und ein (in der Badewanne schwimmfähiges) motorisiertes U-Boot
aus Blech. Der Kriegsspielzeugmarkt erfuhr eine Ergänzung durch Baukästen
von den acht Größen vom Matador. Hier gab es Zusatzbaukästen zur Anferti-
gung von Schiffen, Panzern und Flugzeugen. Dies alles hob die Kriegsbegeis-
terung, denn Kriegsspielzeug war zu allen Anlässen, speziell zu Weihnachten,
ein willkommenes Geschenk, das von uns Kindern auch gerne angenommen
und sofort ausprobiert wurde.
Für sportliche Ambitionen, vor allem Fußball mit einem selbst angefertigten
„Fetzenlaberl“ – ein richtiger, lederner und handgenähter Fußball war die große
Ausnahme –, dienten neben den kleinen und größeren Parkanlagen auch
kaum befahrene Nebenstraßen im Stadtzentrum, so auch die Paulaner-
gasse zwischen Margaretenstraße und Wiedner Hauptstraße. Kam ab und
zu ein Auto vorbei, dann wurde eben das Match kurz unterbrochen. Staus
auf Straßen und Parkplatzprobleme waren unbekannt.
Eine intensivere sportliche Betätigung war nur über den einzigen Sportver-
band des Reiches möglich. Im Vordergrund stand das Geländespiel, ausge-
richtet auf den unerwartet baldigen Einsatz an der Front. Es soll aber nicht
verschwiegen werden, dass von den groß angelegten und perfekt organisier-
ten wie choreographierten Großveranstaltungen eine beachtliche Faszination
ausging. Sowohl die Massen von Akteuren, das Großaufgebot von Fahnen und
Standarten in den Stadien, wie auch die Massen von Besuchern konnten zwei-
felsohne direkt und auch über die Wochenschauen Stürme der Begeisterung
in der Bevölkerung auslösen.
Spiel und Sport
Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten
Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
- Titel
- Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten
- Untertitel
- Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
- Autor
- Othmar Nestroy
- Herausgeber
- Technischen Universität Graz
- Verlag
- Verlag der Technischen Universität Graz
- Ort
- Graz
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-85125-741-0
- Abmessungen
- 20.0 x 25.0 cm
- Seiten
- 120
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einstimmung 8
- Einleitung 11
- Politische Propaganda 13
- Spiel und Sport 19
- Der Krieg wird spürbar 23
- Die großen Wendepunkte: Der Fall von Stalingrad und von Monte Cassino, die Landung in der Normandie und das Hitler-Attentat 29
- Privater und öffentlicher Verkehr 32
- Die ersten Bomben fallen auf die Innenstadt 41
- Der totale Krieg beginnt 47
- Die Front rückt näher 57
- Die Soldaten der Roten Armee erobern Wien 61
- Das Leben normalisiert sich und der Wiederaufbau beginnt 75
- Das lange Warten auf den Staatsvertrag 89
- Nachklang 93
- Persönliche Schicksale am Rande des Krieges 97
- Ausklang 115