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Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten - Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
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76 Der Waffenstillstand am 8. Mai 1945 war eine erste große Zäsur für das Wie- dererstehen unseres Landes. Wir erfuhren davon im Radio und waren nun sicher: Der Krieg war vorbei. Die letzte Aussage des Reichspropagandaminis- ters Joseph Goebbels –„Alles ist in diesem Kriege möglich, nur eines nicht, dass wir jemals kapitulieren!“ – war uns noch im Gedächtnis, doch nun hatte sich durch die bedingungslose Kapitulation das Blatt gewandt und eine neue Zeit hatte begonnen. Wenn in der Poesie Österreicher als „Phäaken“ und „Volk der Tänzer und der Geiger“ bezeichnet werden, dann wurde dies oft sehr abwertend gemeint, doch die harte Wirklichkeit nach dem Krieg hat diese Beurteilung widerlegt. Zwar war man „ehrlos, wehrlos und rechtlos“ – so eine Parole, die knapp vor Kriegsende noch lautstark verbreitet wurde (und sich auch bewahrheitete) –, doch es war vor allem eine mentale Wende: Wir waren zwar wieder Herr im eigenen Haus, aber die Not und der Mangel an allem waren erdrückend und hatten noch nicht ihren Höhepunkt erreicht. Das Versorgungssystem war zu- sammengebrochen, Nahrungsmittel kamen nur spärlich nach Wien. Die Auf- rufe, wieviel von einem Lebensmittel auf einem bestimmten Abschnitt auf der Lebensmittelkarte erhalten werden kann, waren Tagesgespräch und der Schleichhandel blühte. Ich weiß nicht wie, aber wir kamen durch, denn wir hat- ten zumindest Wasser, da die Amerikaner bewusst die Wiener Hochquellenlei- tungen geschont und nicht bombardiert hatten. Die inzwischen mehrmals wiederholte und damit allgemein bekannte Weih- nachtsbotschaft vom damaligen Bundeskanzler Dipl.-Ing. Leopold Figl brachte die damalige Situation mit wenigen Worten einprägsam auf den Punkt. Alles war zusammengebrochen, außer Wasser in den unteren Stockwerken und bei Hydranten auf den Straßen hatten wir praktisch nichts, denn auch die Lebensmittelversorgung lag darnieder. Da das Wasser in den diversen Behäl- tern wie Kannen und Eimern nur einige Tage genieß- und somit brauchbar war, musste man immer auf der „Pirsch“ sein, um frisches Wasser aufzuspüren. Infektionskrankheiten waren nicht ausgeblieben, doch blieben sie in einem überschaubaren Ausmaß. Es gab kein Stadtgas – eine für uns wichtige Haupt- gasleitung in der Gußhausstraße war von Bomben getroffen worden, im Krater sah man das zerborstene Rohr –, Strom gab es nur stundenweise und unregel- mäßig, und es gab keine Kohle zum Heizen, keine Scheiben für die Fenster – aber wir hatten überlebt und die Familie war beisammen. Die Wohnung war nur „durchgeblasen“, wie der damalige Ausdruck für leicht bombengeschä- Das Leben normalisiert sich und der Wiederaufbau beginnt
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Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
Titel
Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten
Untertitel
Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
Autor
Othmar Nestroy
Herausgeber
Technischen Universität Graz
Verlag
Verlag der Technischen Universität Graz
Ort
Graz
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-85125-741-0
Abmessungen
20.0 x 25.0 cm
Seiten
120
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einstimmung 8
  2. Einleitung 11
  3. Politische Propaganda 13
  4. Spiel und Sport 19
  5. Der Krieg wird spürbar 23
  6. Die großen Wendepunkte: Der Fall von Stalingrad und von Monte Cassino, die Landung in der Normandie und das Hitler-Attentat 29
  7. Privater und öffentlicher Verkehr 32
  8. Die ersten Bomben fallen auf die Innenstadt 41
  9. Der totale Krieg beginnt 47
  10. Die Front rückt näher 57
  11. Die Soldaten der Roten Armee erobern Wien 61
  12. Das Leben normalisiert sich und der Wiederaufbau beginnt 75
  13. Das lange Warten auf den Staatsvertrag 89
  14. Nachklang 93
  15. Persönliche Schicksale am Rande des Krieges 97
  16. Ausklang 115
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