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Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten - Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
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84 schulwoche abzuhalten. Wir waren in einem Gasthaus in Aggsbach-Markt untergebracht, recht einfach, aber immerhin gab es gutes Essen und einige Ausflugsmöglichkeiten. So kamen wir im Rahmen eines Ausflugs auch nach Loosdorf bei Melk und besuchten die dortige Molkerei. Am Ende dieser Füh- rung bekam jeder von uns eine Wurstsemmel und ein Glas Milch. Es war dies für uns ein kaum fassbares Geschenk und mit Hochgenuss nahmen wir es an. Pommes frites, Reis, Orangen, Bananen, Datteln oder Feigen habe ich erst viel später kennen- und eine Cadbury-Schokolade schätzen gelernt. Es war kaum möglich, sportlichen Aktivitäten außerhalb von Wien nachzuge- hen: Es fehlte an Transportmöglichkeiten wie auch an Material. Für mich be- stand nur die Möglichkeit, mit der Stadtbahn nach Hütteldorf-Hacking zu fah- ren, dort zu Fuß mit den Schiern auf die Himmelhofwiesen zu steigen und mit wenigen Schwüngen auf den „Eschenbrettln“ ohne Stahlkanten abzufahren so gut es ging. Es galt, Stürze zu vermeiden, denn die Schiausrüstung war kei- neswegs wasserdicht und nach einigen Stürzen war es vorteilhaft, rasch mit der Stadtbahn die heimatlichen Gefilde zwecks „Trockenlegung“ zu erreichen. Eine weitere Möglichkeit für Schifahren war in Kaltenleutgeben, doch die Hin- und Rückreise war mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sehr zeitaufwändig. Beliebt war auch Eislaufen an verschiedenen Plätzen in Wien, doch war dies nur mit kaum geschliffenen „Schraubendampfern“ an den immer kalten Stra- ßenschuhen möglich.10 Eisenbahnfahrten über die Demarkationslinie – im Westen die Ennsbrücke und im Süden der Semmering – waren mit Strapazen und langen Aufenthalten ver- bunden. So konnte es schon vorkommen, dass ein Zug ein oder mehrere Stun- den zur Kontrolle an der Grenze stehen musste, bis der letzte Passagier nach den Kontrollen durch die Besatzungstruppen abgefertigt war. Ich war zu dieser Zeit einmal mit einer Jugendgruppe unterwegs, ich glaube, wir fuhren mit der Bahn bis Steinhaus am Semmering. Zurück ging es dann wieder über die Station Semmering und somit über die Demarkationslinie. Ein ganz jun- ger Soldat prüfte genau unsere Identitätskarten, die viersprachig waren. Ver- mutlich war der Soldat der Sprache nicht ganz mächtig, denn er zählte halblaut nur die zehn Stempel, die unbedingt auf jedem Blatt des Ausweises sichtbar sein mussten. So begann er mit „Odin, dva, tri, chetyre, pyat, shest, sem, vo- sem...“, bis ihn ein etwas vorlauter Kumpel mit den Worten „Des is‘ a Theater!“ unterbrach. Wir erstarrten alle vor Schreck und Angst, doch der junge Soldat 10 Durch das Befestigen von Kufen mittels anschraubbarer Metallklammern wurden aus festen, hohen Straßenschuhen Eislaufschuhe.
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Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
Titel
Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten
Untertitel
Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
Autor
Othmar Nestroy
Herausgeber
Technischen Universität Graz
Verlag
Verlag der Technischen Universität Graz
Ort
Graz
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-85125-741-0
Abmessungen
20.0 x 25.0 cm
Seiten
120
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einstimmung 8
  2. Einleitung 11
  3. Politische Propaganda 13
  4. Spiel und Sport 19
  5. Der Krieg wird spürbar 23
  6. Die großen Wendepunkte: Der Fall von Stalingrad und von Monte Cassino, die Landung in der Normandie und das Hitler-Attentat 29
  7. Privater und öffentlicher Verkehr 32
  8. Die ersten Bomben fallen auf die Innenstadt 41
  9. Der totale Krieg beginnt 47
  10. Die Front rückt näher 57
  11. Die Soldaten der Roten Armee erobern Wien 61
  12. Das Leben normalisiert sich und der Wiederaufbau beginnt 75
  13. Das lange Warten auf den Staatsvertrag 89
  14. Nachklang 93
  15. Persönliche Schicksale am Rande des Krieges 97
  16. Ausklang 115
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