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Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten - Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
Seite - 106 -
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106 Herr J.T. war römisch-katholischer Priester und als Regimentsgeistlicher an der Nordfront eingesetzt. Zwar musste er sich nicht immer in der HKL bewe- gen, doch auch hinter der Frontlinie wurde er oft in Feuergefechte verwickelt. Seine Hauptaufgabe bestand darin, Verletzten in den Feldlazaretten Trost zu spenden und Sterbende zu begleiten. Um diesen Aufgaben nachzukommen, musst er oft weite Wege zu Fuß zurücklegen und trotz fester Stiefel und mit Zeitungspapier umhüllten Füßen zog er sich bei -45° C Erfrierungen an den Füßen zu, die nie ausheilen sollten. Auch musste er mehr als einmal einem zum Tode durch Erschießen verurteilten Soldaten beistehen. Bei einem Fall handelte es sich um einen Wachesoldaten, der während der Wache eingeschlafen war. Dies wurde bemerkt und der Soldat durch ein Standgericht zum Tode durch Erschießen verurteilt. Vor der Exekuti- on spendete Herr J.T. dem Soldaten Trost und erteilte ihm die Absolution. Herr J.T. berichtete auch von anderen, ähnlichen Fällen, bei denen Wachpos- ten, vor dem Unterstand stehend, erfroren sind. Ich lernte ihn lange nach dem Krieg kennen und wir trafen uns öfter. Bei die- sen Treffen berichtete er immer wieder von vergangenen oder vorgesehenen Operationen an seinen Füßen, dass ein Teil einer Zehe oder ein Teil eines Mit- telfußknochens operativ entfernt werden musste und ihm das Gehen dadurch immer schwerer fiel. Es war dies nicht nur eine psychische Belastung, denn mit zunehmendem Alter kamen noch andere, durch den Krieg bedingte Beschwer- den dazu. Trotzdem konnte Herr J.T. über Jahrzehnte seinen seelsorgerischen Pflichten und Aufgaben nachkommen. Er verstarb hochbetagt nach längerem Leiden, das in den Verletzungen aus dem Krieg seine Ursache hatte. Herr K.S. war ein sportlicher Typ bis ins Alter. In seiner Jugend war er, sportlich wie politisch ambitioniert, nach einer umfassenden Ausbildung zu den Fall- schirmspringern gekommen. Es war dies, wie man sagte, ein Himmelfahrts- kommando, denn der Großteil der Fallschirmspringer, rund 30 %, wurde, ob- wohl sie in der Luft infolge der relativ kleinen Fallschirme eine beachtliche Geschwindigkeit erreichten, von den feindlichen Soldaten schon in der Luft „wie die Enten“, so die Originalaussage des Herrn K.S., abgeschossen. Auch auf dem Boden kam es zu Verletzungen und hohen Verlusten, da vom Feind ein Landen auf den in Frage kommenden Flächen durch Hindernisse erschwert wurde. Ob dieser enormen Verluste hat dann die deutsche Wehrmacht die Fall- schirmspringereinsätze minimiert.
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Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
Titel
Es rissen alle Stricke – doch wir überlebten
Untertitel
Episoden aus der Kriegs und Nachkriegszeit in Wien in einer nicht streng chronologischen Abfolge
Autor
Othmar Nestroy
Herausgeber
Technischen Universität Graz
Verlag
Verlag der Technischen Universität Graz
Ort
Graz
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-85125-741-0
Abmessungen
20.0 x 25.0 cm
Seiten
120
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einstimmung 8
  2. Einleitung 11
  3. Politische Propaganda 13
  4. Spiel und Sport 19
  5. Der Krieg wird spürbar 23
  6. Die großen Wendepunkte: Der Fall von Stalingrad und von Monte Cassino, die Landung in der Normandie und das Hitler-Attentat 29
  7. Privater und öffentlicher Verkehr 32
  8. Die ersten Bomben fallen auf die Innenstadt 41
  9. Der totale Krieg beginnt 47
  10. Die Front rückt näher 57
  11. Die Soldaten der Roten Armee erobern Wien 61
  12. Das Leben normalisiert sich und der Wiederaufbau beginnt 75
  13. Das lange Warten auf den Staatsvertrag 89
  14. Nachklang 93
  15. Persönliche Schicksale am Rande des Krieges 97
  16. Ausklang 115
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