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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Seite - 576 -
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576 Jugoslawien scher Soldaten und erzwang gut eine Woche später die Kapitulation. Der König und der Großteil der Minister flohen nach London, wo eine Exilregierung eingerich- tet wurde, während die Achsenmächte den Staat gemäß den von Hitler gestellten Bedingungen zerstückelten. Die Drau-Banschaft (Dravska banovina), die als slo- wenische Banschaft innerhalb J. konzipiert worden war (vgl. Anton →  Korošec), wurde zwischen Deutsch- land, Italien, Ungarn und zu einem kleinen Teil dem NDH-Kroatien aufgeteilt, was bedeutete, dass die Slo- wenen als Nation zum Tode verurteilt waren. Was die Kroaten und Serben betraf, waren die Sieger gnädiger : Kroatien erkannte man den Status eines unabhängigen Vasallenstaates zu (Nezavisna Država Hrvatska, NDH), der den Ustaši als Kriegsbeute überlassen wurde. Den Serben hatte man zwar stark zugesetzt, schließlich wur- den ihnen sämtliche Gebietsgewinne aus der Zeit der Balkankriege (Vojvodina, Makedonien, Kosovo) und des Ersten Weltkrieges (Montenegro) wieder genom- men, es wurde ihnen jedoch der Status eines Protek- torats unter der Führung des Kollaborateurs General Milan Nedić zugestanden. Dieser Situation entspran- gen zwei Widerstandsbewegungen, die vollkommen unterschiedliche ideologische Vorstellungen und Ziele hatten. Draža Mihailović, Oberst der königlichen Armee, kam aus der Tradition der Četnik-Freischärler, die den Türken über Jahrhunderte hinweg Widerstand geleistet hatten. Demnach symbolisierte er den serbi- schen Nationalismus, der eine Widererrichtung des Königreichs J. anstrebte. Josip Broz Tito, der Gene- ralsekretär der Kommunistischen Partei J.s (KPJ), sah den Unabhängigkeitskampf v. a. aus der Perspektive der proletarischen Solidarität mit der Sowjetunion und rechnete mit ihrem revolutionären Ausgang. Kriege- rische Auseinandersetzungen zwischen den zwei Wi- derstandsbewegungen waren unausweichlich, ebenso wie die Tatsache, dass die Četniki im Kampf gegen die Partisanen rasch begonnen hatten, zunächst mit den italienischen, dann mit den deutschen Besatzern zu kollaborieren. Auch andere konservative Kräfte organi- sierten sich gegen die Partisanen, von der slowenischen Heimwehr (slow. domobranci/Domobranzen ; slow. Slo- vensko domobranstvo) bis zu den Ustaši, auch Teile der bosnischen Muslime, die albanischen Balisten und die philobulgarischen Makedonen, die allesamt Schutz bei den feindlichen Truppen suchten. Beim Sieg der Par- tisanen im Mai 1945 wollten viele der Kollaborateure in Italien bzw. Österreich Zuflucht finden. Diejenigen aber, die nach Kärnten/Koroška geflohen waren, wur- den von den Briten in ihre Heimat deportiert, wo blu- tige Rache auf sie wartete. Die Tragödien, wie allge- mein die Repression der Nachkriegszeit, hinterließen im historischen Gedächtnis der jugoslawischen Völker ihre nachhaltigen Spuren. Von Anfang an hatte J. zwei Gesichter : Die Revo- lution brachte einerseits die nationale Pluralität des Staates mit sich (der in sechs Republiken und zwei au- tonome Gebiete aufgeteilt war), vernichtete die patri- archalische Gesellschaft, trennte die Kirche vom Staat, emanzipierte die Frauen und sorgte für einen Auf- schwung in der Industrie. Andererseits führte sie eine Diktatur der KP ein, die sich in ihren Führungsmetho- den an der Sowjetunion orientierte. Erst nach dem 28. Juni 1948 änderten sich die Verhältnisse allmählich, als Stalin, dem Tito in der Innen-, noch eher allerdings in der Außenpolitik zu unabhängig war, den Entschluss fasste, die KPJ aus dem Kominform (Kommunistisches Informationsbüro, Offiziell : Informationsbüro der Kommunistischen und Arbeiterparteien) auszuschlie- ßen, in der Überzeugung, Tito zu vernichten und ihn durch einen beugsameren Menschen zu ersetzen. Da ihm dies jedoch nicht gelang, kam es zu einem schick- salhaften Bruch, der die Führungsschicht der KPJ dazu motivierte, neue Wege in der Entwicklung zum Sozia- lismus einzuschlagen. Innenpolitisch hatte dies zur Folge, dass die Partei die europäischen Wurzeln des Marxismus entdeckte und in den Unternehmen die Selbstverwaltung ein- führen wollte, die eine Weiterentwicklung der Demo- kratie sein sollte. Nach dem Ableben Stalins wählte J. in der Außenpolitik einen noch nicht zugeordneten politischen Kurs zwischen Ost und West und suchte v. a. in den ehemaligen Kolonialländern der Dritten Welt nach Verbündeten. Damit war J. ziemlich erfolg- reich, viel erfolgreicher als mit den Beziehungen zu den Nachbarländern, besonders zu Italien und Österreich, mit denen es direkt nach dem Krieg schwere diploma- tische Konflikte um die neue Fixierung der Grenzen hatte. Was Italien anbelangt, war es diesbezüglich re- lativ erfolgreich. Letztlich besserte der am 10. Februar 1974 unterzeichnete Pariser Friedensvertrag die Ra- pallo-Grenzlinie aus dem Jahr 1920 entscheidend nach. Schwieriger erwies es sich bei Österreich, das seine Grenzen aus der Vorkriegszeit bewahrt hatte, obgleich sich das Land mit dem Staatsvertrag von 1955, mit wel- chen es die volle Souveränität wiedererlangte, sowohl zur immerwährenden Neutralität als auch zum Schutze der slowenischen und kroatischen Minderheit ver-
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
2 : J – Pl
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
502
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 547
  2. Lemmata Band 2 J – Pl 549
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