Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geographie, Land und Leute
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Seite - 593 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 593 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl

Bild der Seite - 593 -

Bild der Seite - 593 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl

Text der Seite - 593 -

593 Karantanische Mark Markgrafschaften marcae mit Markgrafen marchiones und Grafen comites. Erst als die Traungauer ihre Herr- schaft als Markgrafen der K.  M. mit ihrem Sitz im heute oberösterreichischen Steyr begannen, fängt der Name Steiermark (lat. Stiria, slow. Štajerska) an, sich statt K.  M. mehr und mehr durchzusetzen. Steyr, älter Styrapurk, geht zurück auf slowenisch Štira < ladinisch Štira und letztlich keltisch stir/ster »der Fluss«. Auf der →  Tabula Peutingeriana steht Stiriate, das literaturüb- lich mit Liezen gleichgesetzt wird, wahrscheinlich aber das ganze Gebiet zwischen Liezen, Gabromagus/Win- dischgarsten, Hieflau und Steyr meint. Erster Markgraf der K.  M. war Otakar von Steyr (1056). Um 1180 wird die Steiermark/Štajerska mit östlichen Gebieten selbstständiges Herzogtum. Erster Herzog ist Ota- kar  IV. In der Darstellung der Geschichte und bei der Ent- stehung der Steiermark/Štajerska wird der chronologi- sche Abschnitt marchia Carantana aus landeskundlicher Sicht von Kärntner und steirischen Historikern meist wenig beachtet. Im Handbuch der historischen Stätten beginnt die Geschichte (F. Posch) nach urgeschicht- lichen Funden, einigen Römersteinen, Siedlungsleere und einer »dünnen Slawenschicht« (ein penetrant häu- figer Topos) erst »→  karolingisch« (»auf deutschem Volksboden«). Völlig unthematisiert ist literaturüblich das Ladinische. Die Walchenorte (→  Walchen) wer- den als Orte germanisch/deutscher »Lodenwalker« gedeutet, das Slowenische (=  »Slawische«) wird meist gänzlich übergangen oder zumindest deutlich dimi- nuiert (vgl. →  »Entethnisierung« und →  Geschichts- schreibung und kognitive Dissonanz). Tatsache ist hingegen, dass viele ältere (latinisierte, ladinisierte, slowenisierte) Namen überliefert sind, was beim damaligen Fehlen von Ortstafeln »Siedlungs- leere« ausschließt und stattdessen →  Zweisprachigkeit voraussetzt. Alle Namen größerer Flüsse sind »vor- römisch/vorlateinisch« : Mur (Mura), Enns (Aniža), Sulm (Solva), Raab (Raba), Lafnitz (< Albantia), Pöls. Archäologische Fundleere entspricht nicht automatisch einer »Siedlungsleere«. Es gibt zahlreiche slowenische →  Orts-, →  Berg- und →  Gewässernamen (→  Topo- nyme, karantanisch-slowenische in der Steiermark). An Mur und Mürz wurde von 800 bis 1100 der →  Slo- wenenzehent eingehoben. Im Seckauer →  Verbrüde- rungsbuch sind um 1160 fast die Hälfte der Namen der Arbeiter und Arbeiterinnen (auch viele Frauen sind erwähnt) in den Radwerken zur Erzverarbeitung an der Liubina/Leoben (am Vordernberger Bach, →  Seckau) slowenisch. Um Radkersburg/Radgona wurde bis ins 20.  Jh. slowenisch gesprochen. Das alles widerspricht dem Mythos der literaturüblichen »dünnen« slawischen Besiedlung der K.  M. bzw. der Steiermark/Štajerska (vgl. auch →  Steirische Slowenen). Eine noch nicht geklärte dynastische Rolle spielt der Name Otakar/Ottokar und seine Etymologie. Er wurde berühmt durch die steyrischen/steirischen Ota- kare (Otakar de Styra), die Markgrafen der K.  M. und Grafen des Traungaus. Der Traungau/pagus Truni ist die westlichste Region, wo »Slawen« in Oberöster- reich erwähnt sind (in St.  Florian, Kronstorf, Dietach, Sierning, Schlierbach, Windischgarsten). In der Grün- dungsurkunde (777) des Stiftes →  Kremsmünster sind erstmals ein župan und zwei actores namentlich genannt (→  Personennamen). Offenbar handelt es sich um hochgestellte Personen der dortigen decania sclavorum, die sich mit den Baiern um Tassilo partnerschaft- lich familiarisierten und als Otakare zu (eingeheirate- ten) Traungauern wurden. Die ersten Personen dieses Namens stammen aus der nach der Styrapurk/Steyr benannten Steiermark/Štajerska bzw. aus Karantanien. Ein slowenischer dux (→  Duces Carantanorum) hieß nach der um 870 verfassten Salzburger →  Conversio Etgar, was nicht, wie literaturüblich behauptet, ein an- gelsächsischer Name, sondern eine andere Form von Odgar/Otakar ist : vermutlich identisch mit dem in einer Steininschrift in der Kirche von →  St.  Peter am Bichl/ Šentpeter na Gori in Kärnten/Koroška genannten Ot- ker Radoslav. Ebenfalls in der Conversio ist eine von →  Salzburg errichtete Kirche und Pfarre in der Sclavi- nia namens Otachareschirichun erwähnt. Im Salzburger →  Verbrüderungsbuch ist ein Aotachar eingetragen. Be- rühmt wurde der Name erst durch Franz Grillpar- zers »König Ottokars Glück und Ende«. Literaturüb- lich werden die steirischen Otakare mit dem Chiemgau, aus dem sie ursprünglich stammen sollen, in Verbin- dung gebracht. Es gibt am Chiemsee die Ortschaft Otterkring (zwischen Prien und Rimsting) und den an- geblich von dort übertragenen Namen des 16. Wiener Gemeindebezirks Ottakring. Jedoch dürfte es sich dabei um spätere Benennungen, nicht um »bairische Besied- lung« aus dem 8.  Jh. handeln. Die Herkunft von Grafen comites dieses Namens aus dem Chiemgau ist unwahr- scheinlich, zumindest aber quellenmäßig unbelegt. Der Name ist jedenfalls weder romanisch, noch germanisch. Seine Häufigkeit ist auf den Traungau/Steyr, die K.  M. und die Steiermark/Štajerska fokusiert, also auf slowe- nischsprachiges Gebiet. Man beachte auch noch den
zurück zum  Buch Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl"
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
2 : J – Pl
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
502
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 547
  2. Lemmata Band 2 J – Pl 549
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška