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Karawanken/Karavanke
Buchcover, Mohorjeva
Karawankengrenze.at
Karl Hren, Čar Karavank,
Radio Agora
KPD Planina
Hochobir/Ojstrc befindet sich die älteste und höchste
meteorologische Station der Habsburgermonarchie (vgl.
Matija → Ahacel). Für die wirtschaftliche, soziale und
politische Entwicklung relevant waren neben kleineren
Orten des →
Rosentals/Rož (Rosenbach/Podrožca mit
seinem Eisenbahntunnel oder Feistritz/Bistrica) vor
allem → Ferlach/Borovlje, → Windisch Bleiberg/Slo-
venji Plajberk, → Eisenkappel/Železna Kapla, →
Blei-
burg/Pliberk, am Fuße der Petzen/Peca, sowie im heuti-
gen Slowenien bzw. in der → Mežiška dolina (Mießtal)
→
Ravne na Koroškem, das historische Guštanj. Hin-
zuzuzählen sind weitere Zentralorte in der Gorenjska.
Neben der bergbäuerlichen Struktur waren auch die
ausgedehnten herrschaftlichen und klösterlichen Besit-
zungen und Forste von nachhaltiger Bedeutung.
Trotz der überregionalen und sozial bedingten
fremdsprachigen Einflüsse blieb das Slowenische lange
Zeit →
Lingua franca in den K./K., was auch erklärt,
warum anlässlich der → Volksabstimmung 1920 eine
Mehrheit der Bevölkerung südlich der Drau/Drava für
eine Vereinigung mit den übrigen Slowenen im SHS-
Staat (→ Jugoslawien) optierte. Am Ende überwogen
jedoch insbesondere auch internationale geostrategi-
sche Interessen, die maßgeblichen Anteil für die neue
Grenzziehung entlang des Hauptkamms der K./K.
hatten. Eine österreichische und europäische kulturhis-
torische Bedeutung erlangten die K./K. während des
Zweiten Weltkrieges, als sie aufgrund des bewaffneten
Widerstands- und Befreiungskampfes der sloweni-
schen Partisanen von den Besatzern zum Kriegsgebiet
(»Bandengebiet«) innerhalb des damaligen Deutschen
Reiches erklärt wurden, was in der Folge in Erfüllung
einer Vorbedingung als wesentlicher Anteil Öster-
reichs zur eigenen Befreiung interpretiert wurde und
zur Wiedererrichtung der Republik Österreich in den
Grenzen von 1938 führte. Nach den massiven → De-
portationen von Slowenen auf der ideologisch-recht-
lichen Grundlage des menschenverachtenden und ge-
nozidären → »Generalplans Ost« im April 1942 kam
es eben in den K./K. am Robesch/Robež (Gemein-
degebiet von Gallizien/Galicija) zur ersten militärisch
erfolgreichen bewaffneten Auseinandersetzung am 25.
August 1942, die für die Slowenen von größter psycho-
logischer Bedeutung war, weil damit gleichsam dem
Urmythos des Sieges des Davids gegen Goliath ent-
sprochen wurde, was die Widerstandskräfte im Land
nachhaltig mobilisierte (wenn auch die Mehrzahl der
dabei direkt beteiligten Partisanen später ein tragisches
Schicksal ereilte). Jedenfalls bildeten sich die K./K. als geografisches Zentrum des bewaffneten Widerstandes
gegen das Naziregime in Österreich aus. Am Loiblpass/
Ljubelj war auch ein Nebenlager des KZ Mauthausen,
die Inhaftierten wurden zur Zwangsarbeit zur Errich-
tung des Tunnels herangezogen. Am Peršmanhof über
Eisenkappel/Železna Kapla, dem Ort eines grausamen
Massakers an unschuldigen slowenischen Zivilisten
kurz vor Kriegsende, befindet sich seit 1982 ein zen-
trales Mahnmal mit angeschlossenem Museum und
Informationszentrum.
Mit dem europäischen Integrationsprozess erhielten
die K./K. im Rahmen von zahlreichen grenzüberschrei-
tenden Projekten wieder ihre historische Brückenfunk-
tion und haben heute neben ihrer wirtschaftlichen und
kulturellen insbesondere auch eine touristische Bedeu-
tung.
Bojan-Ilija Schnabl
Lit : ES (I. Križnar : Karavanke). – E. Aichinger : Vegetationskunde der
Karawanken. Jena 1933 ; A. Melik : Slovenski alpski svet. Ljubljana
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 2 : J – Pl
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur