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Kuba, Ludovik
offiziellen zweisprachigen Gebiet (laut Schulverord-
nung 1945) gehört, ist der Anteil der Menschen mit
Slowenisch auch dort beachtlich (20 Prozent). Auch
unter ihnen sprechen 41 Prozent diese Sprache nach
eigenem Urteil gut. Erstaunlich hoch sind die Zahlen
für die zwei größten Städte, für → Klagenfurt, und
insbesondere auch für → Villach. Erstaunlich niedrig
sind sie für den Bezirk → Hermagor, wo das Slowe-
nische schon nahezu ›ausgestorben‹ ist, wo aber noch
in der Zwischenkriegszeit eine ganze Reihe von Ge-
meinden zur Gänze slowenisch war …« (→
Pfarrkarte
der Diözese Gurk/Krška škofija 1924). Und weiters :
»Hochgerechnet rund 60.000 Kärntner im Alter von
15 und mehr Jahren gaben an, Slowenisch-Kenntnisse
zu haben, keineswegs alle (nach eigener Einschätzung)
besonders gute.« Angemerkt kann lediglich werden,
dass kaum (ungebildete) deutschsprachige Personen
ihre funktionalen Deutschkenntnisse als schlecht oder
ausreichend bezeichnen würden, und zwar allein schon
weil ihnen ein Vergleichswert fehlt.
Einen Gradmesser für die Erfassung der K. bildet
der Gebrauch der Kirchen- bzw. → Liturgiesprache in
Pfarren und Gemeinden, in denen das Slowenische/die
Slowenen sonst keine rechtliche Anerkennung genie-
ßen und/oder in denen es keine kulturellen oder sons-
tigen Manifestationen eines öffentlichen Sprachge-
brauchs des Slowenischen gibt (→ Klagenfurter Feld/
Celovško polje).
Von → »Assimilanten« im landläufigen Sinn sind
nach vorliegender Definition K. dadurch zu unterschei-
den, dass sie nicht einer aggressiven Selbstverleugnung
der Identität und einem zwanghaften Identitätswech-
sel unterliegen, sondern sich der gesamtgesellschaftli-
chen Dynamik und dem sich daraus ergebenden Druck
gleichsam ergeben. Insgesamt ist das Vorhandensein
von K. letztlich doch ein Indikator für Assimilations-
und Akkulturationsprozesse bzw. des → Sprachwech-
sels in einer Region oder in einem Ort, wo das Slo-
wenische gesellschaftlich wenig produktive Funktionen
hat. Als eine Zwischenstufe zwischen absoluter trau-
matischer Selbstverneinung der Assimilanten und der
inneren Emigration der K. stellen die →
Windischen
dar, wenn auch diese eher bei Ersteren anzusiedeln sind.
Lit.: K. Sturm-Schnabl : Die slovenischen Mundarten und Mundartreste
im Klagenfurter Becken (Phil. Diss.). Wien 1973 ; L. Flaschberger, A. R.
Reiterer : Der tägliche Abwehrkampf, Kärntens Slowenen. Wien 1980 ;
G. Fischer : Das Slowenische in Kärnten, Bedingungen der sprachlichen
Sozialisation, Eine Studie zur Sprachenpolitik. Wien 1980 ; T. Priestly :
The Slovene Minority Population in Carinthia and Styria in 1927 : Some new Data. In : ÖOH 39, 263–278 ; A. F. Reiterer : Lebenswelt Mutter-
sprache, Das Slowenische und seine heutige Wahrnehmung – ein Bericht.
In : K. Anderwald, P. Karpf, H. Valentin (Hg.) : Kärntner Jahrbuch für
Politik 2000. Klagenfurt 2000, 340–362 ; A. F. Reiterer : Minderheiten
wegzählen ? Methodische und inhaltliche Probleme amtlicher Sprachen-
zählungen. In : M. Pandel [e. a.] (Hg.) : Ortstafelkonflikt in Kärnten –
Krise oder Chance ? Wien 2004, 25–38 ; K. Sturm-Schnabl : Slovensko
narečje v funkciji komunikacijskega sredstva za tuje prisilne delavce v le-
tih 1938–1945 v političnem okraju Celovec. Dokumentacija o slovenskem
življu do druge svetovne vojne. In : Obdobja 26 – Metode in zvrsti. Slo-
venska narečja med sistemom in rabo. Ljubljana 2009, 371–391 ; B.-
I. Schnabl : Celovško polje, neznani zaklad osrednje slovenske kulturne
pokrajine, Izsledki enciklopedijskih raziskovanj. In : KK 2013. Celovec
2012, 118–119 (erstmalige Begriffsdefinition).
Bojan-Ilija Schnabl
Kuba, Ludovik (Tscheche, gab 1890 slowenische Lie-
der samt deren slowenischen Übersetzungen heraus),
→ Volkslied.
Küchensprache, jenes Wortschatzsegment, das die
Zubereitung von Speisen (und Getränken) umfasst
und das einerseits fachsprachlich (v. a. durch Köche
und Köchinnen sowie durch das Fleischer- und Bä-
ckergewerbe), andererseits auch stark regional geprägt
ist, wobei die Grenze zwischen → Standardsprache und
→
Dialekt oft fließend ist (→ Soziolekt). In die Sprache
der Kärntner Küche sind einige fachsprachliche Dialek-
tismen eingeflossen ; in beiden Landessprachen gibt es
→
Entlehnungen aus der jeweils anderen Sprache, die
z. T. einen älteren Wortschatz reflektieren, so entspricht
in traditionellen Kärntner Nudelgerichten dem deut-
schen Wort Nudeln im Slowenischen krapi, das eigent-
lich ›Krapfen‹ bedeutet (wie im älteren Deutsch und
noch heute in Oberkärnten/Zgornja Koroška und Tirol,
nicht aber in Unterkärnten/Spodnja Koroška (→ Süd-
kärnten/Južna Koroška). Umgekehrt setzen slowenische
Bezeichnungen wie šartelj oder šarkelj für den ›Kärntner
Reinling‹ das alte deutsche Schartel fort. Weiters wurden
einige deutsche Lehnwörter im Slowenischen in einer
anderen Bedeutung rückentlehnt, z. B. Maischerl ›Netz-
laibchen, Saumaise‹ aus slow. majželj oder mavželj, das
auf Althochdeutsch *meisilī ›kleine Schnitte‹ zurückgeht
und in manchen slowenischen Mundarten auch ›Rein-
ling‹ bedeutet. Oder Struckel aus slow. štrukelj, entlehnt
aus einer deutschen mundartlichen Variante zu Strudel ;
während dieser im Rohr gebacken wird, bereitet man
den Struckel in siedendem Wasser zu.
Sehr alte Entlehnungen aus dem Slowenischen sind
im Deutschen Bezeichnungen wie Strankerl ›grüne
Bohne, Fisole‹ (aus frühem *strănk-, heute slow. stròk
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 2 : J – Pl
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur