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Kulturvereine, slowenische in Kärnten/Koroška
gelangen. Dieser Anschauung schloss sich in der Zeit
der Annahme der Grundgesetze auch die Landesfüh-
rung an (→ Dezemberverfassung 1867). Mit dem ab-
soluten Sieg der Deutschliberalen Partei bei den Land-
tags- und Reichsratswahlen im Jahr 1873 erhielt diese
Überzeugung auch politische Kraft. Die kulturelle
Entwicklung der Kärntner Slowenen war so in hohem
Maße abhängig von der politischen Entwicklung im
Land. Dem Druck, der im Land herrschte, versuchten
die Kärntner Slowenen durch gezielte Vernetzung mit
den Slowenen in den anderen Kronländern zu mildern
bzw. durch Übernahme ihrer Tätigkeitsformen im kul-
turellen, politischen und wirtschaftlichen Bereich.
Diese erwähnten frühen Formen des kulturellen Ak-
tivismus und der Vernetzung bildeten den Grundstein
und die Voraussetzung für die Vereinsbewegung in je-
ner Zeit, als die politischen Hindernisse dafür schritt-
weise fielen. So entstanden bereits in den Monaten der
bürgerlichen Revolution im → Revolutionsjahr 1848
die ersten slowenischen Vereine, darunter im Herbst
auch in Klagenfurt/Celovec. Aus den Satzungen des
→ Slovensko družtvo v Celovcu [Slowenischer Ver-
ein in Klagenfurt], der politisch das Programm eines
›Vereinten Sloweniens‹ (→ Zedinjena Slovenija) unter-
stützte, ist ersichtlich, welche Bedeutung dem Sloweni-
schen und der kulturellen Entwicklung zugeschrieben
wurde. Die Vereinsstatuten sagen dazu : »Vereinsziel
ist : Erweckung und Bildung des slowenischen Volkes
mit ansehnlichen Mitteln ; insbesondere damit, dass
eine Bildung in slowenischer Sprache geboten und
andere slawische Dialekte unterrichtet werden.« Die
Verbundenheit mit der slowenischen nationalen Be-
wegung bezeugt der Brief an die bestehenden slowe-
nischen Vereine vom 24. November 1848, in dem der
Wunsch geäußert wird, »in allen Taten zu Gunsten des
lieben slowenischen Volkes mit ihm gleiche Wege zu
beschreiten«. Außerhalb von Klagenfurt/Celovec – in
→ Ferlach/Borovlje und in Latschach/Loče – ent-
standen im Geiste des Völkerfrühlings (→
preporod/
Wiedergeburt) erste Formen der Vereinstätigkeit. Bei
beiden »Abwehr«-Vereinen finden wir Aktivitäten, die
später in die Lesevereine (→ Slovanska čitalnica, → Le-
sekultur) aufgenommen wurden : Gesang, Ansprachen
und kürzere Stücke (→ Chorwesen, → Theater). Der
Bach’sche Absolutismus verbot die Aktivitäten auch des
Klagenfurter Slovensko družtvo [Slowenischer Verein]
und so konnte lediglich im → Priesterseminar »intern«
der slowenische Verein der Seminaristen der Gurker
und der Lavanter Diözese wirken (Diözese → Gurk/ Krška škofija, Diözese → Lavant/Lavantinska škofija).
Das geschah unter der Aufsicht der Seminarleitung
und der jeweiligen »geistlichen Väter«, die Erfahrun-
gen hatten und ihrem Bischof treue Seelsorger waren.
Die → Akademija slovenskih bogoslovcev [Akademie der
slowenischen Seminaristen], die eine fast 100-jährige
Tradition besitzt, spielte dabei eine bedeutende Rolle.
Aus ihr entstammten fast alle »Priester-Aktivisten«, die
in der slowenischen nationalen Bewegung wirkten. Ein
bedeutender Schritt wurde am 27. Juli 1851 von acht
Persönlichkeiten – genannt seien Anton → Janežič,
Andrej → Einspieler und Matija Majar – mit der
Ankündigung vollzogen, einen Verein zu gründen, »mit
dem gute Bücher für Slowenen herausgegeben werden
sollen und unter diesen verbreitet werden sollen«. Die
Proponenten hatten die Unterstützung vom Lavan-
ter Bischof Anton Martin → Slomšek. Der Verein
Društvo svetega Mohorja [Hermagoras-Verein] (→ Mo-
horjeva) begann im Jahr darauf seine Tätigkeit. Mit den
Namen Anton → Janežič und Andrej →
Einspieler
ist die Tatsache verbunden, dass wegen ihrer publizis-
tischen und literarischen Tätigkeit Klagenfurt/Celovec
für einige Jahre das Zentrum des slowenischen litera-
rischen und publizistischen Lebens wird. Das Društvo
svetega Mohorja wird 1860 zur kirchlichen Bruderschaft
und mit dieser Umstrukturierung beginnt sein Aufstieg.
In den 60er-Jahren des 19. Jh.s startet das Zeitalter
der Lesevereine. Nach dem Vorbild anderer entsteht
auch in Klagenfurt/Celovec am 28. Dezember 1863
die Slavjanska čitalnica v Celovcu [Slawische Lesehalle
in Klagenfurt], deren Vereinsziel es ist, »zu bilden und
aufzuklären ; die Politik ist vollkommen ausgeschlos-
sen« (→ Panslawismus). Dieser Leseverein wurde zum
Treffpunkt der identitäsbewussten Slowenen und ande-
rer Slawen. Den Mitgliedern wurden zahlreiche Zei-
tungen und Zeitschriften angeboten, es wurden Veran-
staltungen unter dem Titel besede [Worte] abgehalten.
Daneben versuchte der Verein vergebens eine Drucke-
reikonzession zu erhalten. In den verschiedenen Or-
ten des slowenischen ländlichen Raumes wird ab den
60er-Jahren des 19. Jh.s der Chorgesang gepflegt und
es kommt zu Initiativen für die Gründung von Pfarr-
bibliotheken. In Klagenfurt/Celovec entsteht in diesen
Jahren der slowenische Schülergesangsverein, der auf
Veranstaltungen der Lesehalle auftritt und später an
allen drei → Tabor-Veranstaltungen und zahlreichen
Versammlungen und geselligen Treffen mitwirkt. 1866
wird in → Eisenkappel/Železna Kapla das Slovensko
bralno društvo [Slowenischer Leseverein] gegründet,
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 2 : J – Pl
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur