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Landesgesetzblatt, zweisprachiges Kärntner
Herzogthum Kärnten« lediglich auf Deutsch. Am 24.
November 1863 findet sich eine einzige Verordnung
(Nr. 10, S. 15–16 zweifach), die im sonst durchgehend
deutschsprachigen LGBlK. auch auf Slowenisch veröf-
fentlicht wird. Aus den stenografischen Protokollen des
Kärntner Landtages ergibt sich allerdings hinsichtlich
slowenischer Übersetzungen des LGBlK. für diese Pe-
riode ein differenziertes Bild. Aus dem Bericht von Dr.
Josef Luggin, dem Berichterstatter der juristisch-po-
litischen Kommission des Kärntner Landtages vom 16.
Jänner 1886, geht nämlich hervor, dass mit Erlass des
Innenministeriums vom 20. Oktober 1860 (Z. 32.140)
zwar das Erscheinen des LGBl. sowie die Zustellung
des Reichsgesetzblattes lediglich auf Deutsch auch
den »slowenischen und gemischten Gemeinden« in
Kärnten/Koroška gestattet worden sei, dass aber in der
Folge Karel →
Robida mit der Übersetzung des LGBl.
auf Honorarbasis speziell für die Gemeinde → Win-
disch Bleiberg/Slovenji Plajberk beauftragt worden war.
Ebenso stellt er in seiner Wortmeldung fest :
»In der zweiten Hälfte der 60ger Jahre bezogen
länger oder kürzer wenige Gemeinden Kärntens eine
slovenische Uebersetzung des Landesgesetzblattes. Im
Jahre 1868 wurde nur eine einzige Gemeinde mit dieser
Übersetzung betheilt ; dies gab dem Landtage Veran-
lassung, in der Sitzung vom 30. September 1868 die
Kosten für die slovenische Uebersetzung nicht mehr in
das Präliminare des Landesfondes einzustellen.«
Nachdem die Gemeindevorstehung von St.
Kanzian/
Škocjan, »welche bis dorthin allein noch das Landes-
gesetz- und Verordnungsblatt in slovenischer Sprache
bezogen hat, gebeten habe, ihr dieses Gesetzblatt so-
wie das Reichsgesetzblatt vom Jahre 1873 an nur in
deutscher Sprache zuzumitteln« (Luggin), wurde der
Landesausschuss mit Note der Landesregierung vom
3. März 1873 (Z. 1252) davon verständigt, sodass ab
1873 das LGBl. nur noch in deutscher Sprache versen-
det wurde. J. Mal erwähnt in seiner Zgodovina slovens-
kega naroda [Geschichte des slowenischen Volkes], dass
die Übersetzungen für die einzelnen Gemeinden in li-
thographischem Verfahren vervielfältigt worden seien,
wobei er dies bereits für den Zeitraum 1857–1859 an-
nimmt. Da die gedruckten und gebundenen zweispra-
chigen LGBl. archivarisch für die Jahrgänge 1857 und
1859 vorhanden sind, ist die lithografische Vervielfäl-
tigung der einsprachigen, slowenischen LGBl. für die
Periode bis einschließlich 1872 anzunehmen.
Infolge der Umsetzungsbemühungen der →
Dezem-
berverfassung von 1867 und dem darin festgeschriebe- nen Grundsatz der Gleichberechtigung der Völker (→
»Volksstämme«) in Art. XIX wird 1868 politisch die
Frage der slowenischen Edition des LGBl. im Kärntner
Landtag wieder aufgeworfen.
Im Rahmen der 21. Sitzung der II. Session der II.
Wahlperiode des Kärntner Landtages am 30. Septem-
ber 1868 wird im Zuge der Debatte über das »Lan-
desfondspreliminare pro 1868« auf Antrag des Bericht-
erstatters Oswald Nischelwitzer (Abgeordneter
der Großgrundbesitzer) der Landesausschuss in einer
ersten Abstimmung beauftragt, die Druckkosten für
das LGBl. herabzumindern. Ein zweiter Antrag des
Finanzausschusses lautet : »Der Landtag beschließt, die
Kosten für die slowenische Uebersetzung des Landes-
gesetz- und Verordnungsblattes mit jährlichen 150 fl.
vom Jahre 1869 angefangen, in der Erwägung nicht
mehr aus den Landesfonds zu übernehmen, dass nur
eine einzige Gemeinde Kärntens selbe bezieht, und
auch diese der deutschen Sprache mächtig ist.« Dieser
Antrag wird angenommen, wobei der Berichterstatter
erwähnt, »in privatim« erfahren zu haben, dass es zwei
Gemeinden seien. Nicht gänzlich klar ist, worauf sich
die Formulierung »nicht mehr« bezieht, möglicher-
weise auf die übersetzerische Tätigkeit des oben er-
wähnten Karel Robida.
Im Rahmen der 26. Sitzung II. Session der II. Wahl-
periode des Kärntner Landtages am 6. Oktober 1868
wird im Zuge der Debatte über das »Preliminare des
Landesfondes pro 1869« mit Hinweis auf Art. XIX
Staatsgrundgesetz nochmals die Übersetzung des
LGBl. diskutiert. Das Argument des Art. XIX StGG
wird von Landespräsident Freiherr von Kübeck so-
wie von den → Abgeordneten Leobegar Canaval
und Gabriel Jessernigg (beide von der Handels- und
Gewerbekammer) sowie den Abgeordneten Dr. Her-
mann → Mertlitsch und Albert → Pucher (vom
→ Wahlkreis → Völkermarkt/Velikovec) unterstützt.
Metrlitsch unterstützt diesen Antrag »als Ver-
treter eines slowenischen Bezirkes auf das Wärmste«.
Abgeordneter Pucher entgegnet dem Argument des
Berichterstatters Nischelwitzer über die Deutsch-
kenntnisse der betroffenen Gemeinden mit den Wor-
ten : »… denn ein Deutscher, der französisch spricht,
bleibt immer ein Deutscher, und ein Slovene, welcher
deutsch spricht, bleibt immer ein Slovene.« Dieser
Antrag »auf Einstellung von 130 fl.« wird laut steno-
grafischem Protokoll in der Folge unterstützt. Wahr-
scheinlich bezieht sich der erwähnte Bericht aus 1886
auf diesen Beschluss bzw. auf dessen Umsetzung.
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 2 : J – Pl
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur