Seite - 915 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
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Minderheit/Volksgruppe
Kärntner Landesverfassung,
geltende Fassung
Verfassungen Österreichs
Volksgruppengesetz im Ansatz breiter. Art. 22 (Vielfalt der Kulturen, Re-
ligionen und Sprachen) lautet : »Die Union achtet die
Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen«, und
ist in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 EUV (Vertrag von
Lissabon) zu verstehen.
Dieser neuen europäischen Konzeption entspricht
die 2000 in Kraft getretene österreichische verfassungs-
rechtliche Staatszielbestimmung zur Achtung, Siche-
rung und Förderung der autochthonen Volksgruppen in
Artikel 8 Abs. 2 B-VG (BGBl. 68/2000). Sie stellt einen
qualitativen Entwicklungssprung in der verfassungs-
rechtlichen Konzeption der Materie dar und lehnt sich
in der Terminologie an das Volksgruppengesetz 1976.
Art. 8 Abs. 2 B-VG lautet : »Die Republik (Bund, Län-
der und Gemeinden) bekennt sich zu ihrer gewachsenen
sprachlichen und kulturellen Vielfalt, die in den autoch-
thonen Volksgruppen zum Ausdruck kommt. Sprache
und Kultur, Bestand und Erhaltung dieser Volksgrup-
pen sind zu achten, zu sichern und zu fördern.«
Einen solchen konzeptuellen Quantensprung konnte
man in den Landesverfassungen Kärntens nach 1849
nicht mehr feststellen. So heißt es in Art. 5 K-LVG (aus
1996, aktuelle Fassung) : »Die deutsche Sprache ist die
Sprache der Gesetzgebung und – unbeschadet der der
Minderheit bundesgesetzlich eingeräumten Rechte –
die Sprache der Vollziehung des Landes Kärnten.«
Es kommen die Begriffe Slowenen oder slowenische
Volksgruppe im gesamten Wortlaut der Kärntner (!)
Landesverfassung 2015 kein einziges Mal vor. Die Slo-
wenen werden in der Kärntner Landesverfassung nicht
einmal genannt, womit ihnen auch keine landesverfas-
sungsrechtliche Identität zugeschrieben wird (→ Name
und Identität). Zudem wird der veraltete bzw. dem
österreichischen neueren Verfassungsrecht nicht ent-
sprechende (und gerade in Kärnten/Koroška soziolin-
guistisch belastete) Begriff der Minderheit verwendet
(vgl. →
Landessprache). Für 2016 ist eine moderne, ge-
sellschaftlich inklusive Änderung der Landesverfassung
vorgesehen (vgl. →
Einleitung/Kulturgeschichte).
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ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe ?Abfrage=Bundesnormen&G
esetzesnummer=10000602 ; Abkommen zwischen der Regierung der
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www.bmeia.gv.at/aussenministerium/aussenpolitik/auslandskul-
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 2 : J – Pl
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 502
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur