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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Seite - 946 -
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946 Name und Identität len und/oder kolportierten Wandels der sprachlichen und politischen Verhältnisse. So wird etwa die heutige Situation der →  Zweisprachigkeit in der Gesellschaft auf historisch vergangene Epochen projiziert, als man eben noch nicht von einer »Zweisprachigkeit« im heu- tigen Sinn sprechen kann. Ebenso vermittelt allein die Bezeichnung →  »gemischtsprachig« an sich Konzepte und festigt Denkmuster. Solchermaßen wurde vielfach aus einer slowenischen sprachlichen und historischen Identität eine zweisprachige oder eine »gemischtspra- chige« (→  Inschriften, →  Maria Gail/Marija na Zilji). Im diametralen Gegensatz zur Benennung stehen die gesellschaftliche Tabuisierung und die Verweigerung einer Benennung einer gesellschaftlichen Gegebenheit. Diese Verweigerung ist ein Mittel, das Nicht-Benannte aus dem kollektiven Bewusstsein zu verdrängen. Insbe- sondere erschwert bzw. verhindert eine gesellschaftlich bedingte Quasi-Inexistenz durch Nicht-Benennung und Namenlosigkeit eine Entwicklung der solcher- maßen verweigerten spezifischen Individualität bei den betreffenden Personen(-gruppen) und ist ein zen- trales Element für den Verlust der Identität. Der ge- samte Themenkomplex der →  Assimilation in Kärnten/ Koroška ist eng mit der Frage der Verweigerung der Identität und der dieser Identität zugrunde liegenden Benennung verbunden. Nicht-Benennung und Verwei- gerung der durch den Namen definierten Individualität ist also aufs Engste verbunden mit der Zuerkennung von fundamentalen Grund- und Menschenrechten (vgl. auch oben zum kryptisierenden Begriff →  »gemischt- sprachig«). Die Reduzierung der Menschen auf Häftlings- nummern und ihre Eintätowierung unter dem NS- Gewaltregime stellen den Höhepunkt der gesetzlich verankerten und systematisch betriebenen Negation der menschlichen Identität in der europäischen Zivi- lisationsgeschichte dar, wie sie im Übrigen auf ande- rer Ebene auch im Rahmen des sog. →  »Generalplans Ost« verfolgt und umgesetzt wurde. Insgesamt spiegelt die →  Geschichtsschreibung die gesellschaftliche Anerkennung der Vielfalt der Identi- täten. Wenn in der ständigen Ausstellung des Kärntner Landesmuseums im 1. Stock noch 2011 (welche Ende 2012 zwecks Erneuerung abgebaut wurde) kein einzi- ges Mal das Wort »Slowene/slowenisch« vorkam und es in den einschlägigen Museumsführern (etwa in Ko- schier 1987, Leitner 1987, Piccotini 2003) quasi inexistent war, dann existiert diese gesellschaftliche Kategorie eben auch nicht im wissenschaftlichen und öffentlichen Bewusstsein einer Anstalt, die allerdings mit öffentlichen Mitteln finanziert und somit einen demokratischen öffentlichen Auftrag hat, dem sie so nicht gerecht wird. Jedenfalls kann in einer konsequen- ten »Nicht-einmal-Benennung« eine Systematik gese- hen werden, die als eine gezielte »Entslowenisierung« der regionalen slowenischen Geschichte umschrieben werden kann, wobei die vorgebliche →  »Entethnisie- rung«, d. h. eine vom »Nationalistisch/Ethnischen« »gesäuberte« Darstellung, eigentlich eine neue sugges- tive Ethnisierung hin zu einer vermeintlich deutschen/ deutschsprachigen Geschichte betreibt, indem sie das Slowenische zu einer historischen, inkohärenten Zu- fallserscheinung minimiert. Die auf Kärnten/Koroška anzuwendenden Beispiele für die Wechselbeziehung von Name und Identität sind vielfältig und vielfach mit den psycholinguisti- schen und soziolinguistischen Phänomenen verbunden. Bezeichnend für die enge Verbindung von Name und Identität mit der zeitlichen Entwicklungsdimension ist schließlich auch die Benennung des sog. →  Ro- sentaler Dialektes (rožanščina), der mit seinen Mund- arten weit über den namengebenden geografischen Bereich hinausreicht. Er umfasst zusätzlich Teile der →  Karawanken/Karavanke, die →  Sattnitz/Gure, das →  Klagenfurter Feld/Celovško polje und die →  Ossia- cher Tauern/Osojske Ture nördlich des Wörther Sees/ Vrbsko jezero (und nach Logar Randbereiche des →  Jauntals/Podjuna, des →  Völkermarkter Hügellan- des/Velikovško podgorje und der →  Saualpe/Svinška planina). Das heißt, er umfasst den gesamten →  Süd- kärntner Zentralraum/Osrednja južna Koroška, zu dem historisch als Dialektkontinuum noch das Moosburger Hügelland/Možberško gričevje, das →  Zollfeld/Gos- posvetsko polje und der →  Krähwald/Hreblje hinzu- zuzählen sind, wo noch bis in die Erste und teilweise sogar in die Zweite Republik trotz →  Assimilation und →  Germanisierung von der älteren Generation auch Slowenisch gesprochen bzw. verstanden wurde. Daher ist der Begriff →  Rosentaler Dialekt (rožanščina) stark einschränkend, da er in Wirklichkeit über die Mund- arten des oberen und unteren Rosentals/Rož und des Klagenfurter Feldes/Celovško polje hinausreicht bzw. hinausreichte. In der Folge wurde vereinfachend der Begriff Rosental/Rož als Sammelbegriff für das ge- samte zentralkärntner (»Rosentaler«) slowenische Di- alektgebiet verwendet. Damit wurde das slowenische (Sprach-)Gebiet gleichzeitig aber auch konzeptuell als Dreieinheit von Rož – Podjuna – Zilja [Rosental, Jaun-
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
2 : J – Pl
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
502
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 547
  2. Lemmata Band 2 J – Pl 549
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