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Die krystallinischen Schiefergesteine sind die ältesten uns überhaupt bekannten
Gesteine der Erde; zur Zeit ihrer Bildung — über die Art und Weise, wie diese erfolgte,
haben wir zwar zahlreiche Hypothesen, aber keine auf Beobachtungen gestützte besser
begründete Theorie — belebte vielleicht noch kein organisches Wesen unseren Planeten;
sie bilden vielmehr allerorts die Unterlage der mächtigen Reihe von Versteinerungen
führenden Sedimentgesteinen, auf welche wir später zurückkommen wollen. Ihre wichtigsten
Abarten sind: Gneiß, bestehend aus Quarz, Feldspath und Glimmer; Glimmerschiefer,
bestehend aus Quarz und Glimmer, dessen Bestandtheile makroskopisch ausgebildet, das
heißt mit freiem Auge erkennbar sind, und Phyllit oder krystallinischer Thonschiefer, der
dieselben Mineralien enthält, aber in so kleinen Körnchen und Schüppchen, daß man die-
selben erst unter dem Mikroskop in der anscheinend gleichförmigen Masse unterscheiden kann.
Von weiteren hierher gehörigen Gesteinen, die aber nur weit geringere Verbreitung in
unseren Gebirgen erlangen, seien noch erwähnt: Hornblendeschiefer, Chloritschiefer
und Talkschiefer, durch das Vorherrschen der Mineralien bezeichnet, von welchen sie
die Namen haben, und krystallinischer Kalk, auch Urkalk genannt, der aus Körnern
von Kalkspath besteht und zwar keine Schieferstrnetur besitzt, aber doch den krystallinischen
Schiefergesteinen zugezählt werden muß, weil er in regelmäßigen Bänken mit ihnen
wechsellagert.
Die altkrystallinischen Massengesteine durchbrechen in Gängen oder Stöcken
die Schiefergesteine, oder sie sind ihnen in mächtigen Lagern eingebettet, oder endlich
bilden sie für sich allein ganze Gebirgsmasfen. Auch über die Art ihres Entstehens ist man
noch durchaus nicht völlig im Klaren, doch kann man für viele Vorkommen eine Bildung
durch Erstarrung eines aus den Tiefen gekommenen flüssigen oder halbflüssigen Gesteins-
magma mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen. Das weitaus wichtigste Gestein dieser
Gruppe ist der Granit, der wie der Gneiß aus Quarz, Feldspath und Glimmer besteht;
weiter gehören hierher der Syenit, ein körniges Gemenge von Feldspath und Hornblende,
der Felsitporphyr, der in einer dichten aus Quarz und Feldspath bestehenden Grund-
masse größere, ausgebildete Krystalle derselben Mineralien erkennen läßt, der Diorit,
der im Wesentlichen aus Hornblende und Plagioklas (schiefwinklig spaltender Feldspath)
und der Diabas, der aus Augit und Plagioklas besteht, endlich theilweise auch der
Serpentin, ein Magnesiasilikat, welches durch Umwandlung aus verschiedenen
krystallinischen Schiefer- und Massengesteinen entstanden ist und daher bald zu den ersteren,
bald zu den letzteren gestellt werden muß.
Die tieferen Theile der Gebirge, die minder hohen, den krystallinischen Stöcken
an- und vorgelagerten Berg- und Hügelgebiete sind vorwaltend das Herrschfeld der zwei
älteren Gruppen der Sedimentgesteine.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Band 2
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Band
- 2
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.77 x 26.41 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch