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gleichem Maße zunehmen, als die Temperatur besonders im Sommer mit der Höhe
abnimmt. Es mag wiederholt werden: nicht die Kältegrade des Winters sind es, welche
das organische Leben von der Besiedlung selbst der höchsten Alpengipfel abhalten würden,
es ist der Mangel an Sommerwärme, der demselben ein gebieterisches Halt zuruft.
Die atmosphärischen Niederschläge als Regen und Schnee sind in den Bergländern
stärker und häufiger als über der sie umgebenden Niederung. Vorzüglich im Sommer können
wir dies beobachten. Während die Ebenen unter Hitze und Sommerdürre schmachten,
thürmen sich über den Bergen in den Nachmittagsstunden die glänzenden Haufenwolken
immer mächtiger empor und verschmelzen endlich zu einem dunklen Gewitterherd. Diese
Gewitter entladen sich bis zum Abend blos über den Bergen, die lechzende Ebene erhält
keinen Tropfen. Höchstens daß der kühle Gewitterwind in kurzen Stößen vom Gebirge
herkommend den Staub aufwirbelt und der hohe, weiße Wolkenschirm, der vom Gewitter-
herd nach allen Seiten sich weithin ausbreitet, eine Zeitlang die Sonne verschleiert. Nach
Sonnenuntergang lösen sich alle Wolken wieder auf, über den erfrischten Gebirgsthälern
wie über dem Hitzedunst der Ebenen erglänzt der Sternenhimmel. Nicht selten wiederholt
sich diese Erscheinung mehrere Tage hintereinander, bis endlich ein allgemeiner Wettersturz
auch den Niederungen Regen und Abkühlung bringt.
Der Frühling und Sommer ist im Gebirge reich an loealen Regen und Gewittern.
Erst im Herbste wird das Wetter beständiger und mit dem der Niederungen viel mehr
übereinstimmend.
Die Regenmessungen ergeben, daß mit der Annäherung an das Gebirge, und zwar
schon in ziemlicher Entfernung, die Regenmenge zunimmt; sie steigert sich dann im Gebirge
selbst mit der zunehmenden Seehöhe, aber in höchst unregelmäßiger, ganz von den Loeal-
verhältnissen abhängiger Weise. Am schönsten zeigt sich die Abhängigkeit der Regenmenge
von der Seehöhe und den topographischen Verhältnissen des Landes in Böhmen. In der
Mitte des böhmischen Beckens ist die Regenmenge am geringsten, sie nimmt von da nach
allen Seiten gegen die Gebirgsnmrahmnng zu, am meisten in der Richtung gegen den
Böhmerwald und das Riesengebirge. Nähert man sich von Baiern aus dem Böhmerwalde,
so steigt die Regenmenge auf 120 Eeutimeter und darüber, sobald man den Kamm desselben
erreicht hat; sie nimmt dann schrittweise wieder ab bis zu 50 Eeutimeter und weniger im
mittleren Theile des böhmischen Beckens und steigt wieder ebenso regelmäßig bei der
Annäherung an das Riesengebirge bis auf 100 Eeutimeter und mehr. Auf der andern
Seite des Gebirges im preußischeil Schlesien nimmt sie gegen das Oderthal wieder ab bis
auf 50 (Zentimeter. Gleicherweise steigert sich in Ungarn die Niederschlagsmenge überall
mit der Annäherung an die Randgebirge, ebenso in Galizien mit der Annäherung au die
Nordseite der Karpathen. Die Bergländer sind die großen Regenproducenten und zugleich
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Band 2
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Band
- 2
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.77 x 26.41 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch