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Wasserreicher für die umgebenden Niederungen. Sie entziehen den Luftströmungen ihren
Wassergehalt, den dieselben den umgebenden Ebenen vorenthalten haben, ja sie erzeugen
selbst in der Sommerwärmc Luftströmungen, welche den Wasserdampf in die Höhe führen
und dort zur Wolken- und Regcnbildnng verdichten. Die bewaldeten Berghänge sammeln
dann in ihrem Schoße das Regen- und Schneewasser, um es langsam an die tieferen
Bodenschichten abzugeben. Wo aber der Mensch mit frevelnder Hand diese natürliche
Harmonie zerstört und die steilen Berghalden abholzt, schafft er sich verheerende Wild-
bäche, während der früher gleichmäßige Wasservorrath versiegt. Die Wolken entladen wie
früher ihren Regeninhalt über den Bergen, daran kann der Mensch nichts ändern, aber
die Function der Gebirge als Wasseraufsammler kann er unterdrücken und ins Gegentheil
verkehren. In unseren Mittelgebirgen mag wohl die jährliche Niederschlagsmenge örtlich bis
zu deren größten Höhen fortwährend zunehmen. Namentlich die Schnee- und Regenmengen
der kühleren Jahreszeit erfahren hier eine Steigerung, und es zeichnen sich der Böhmerwald
wie das Erzgebirge durch ihren Schneereichthum aus. Dasselbe gilt wohl für die Höhen
aller unserer Mittelgebirge. In den Hochgebirgen dagegen gibt es eine Höhenregion, von
der aus nach aufwärts die jährliche Niederschlagsmenge wieder abnimmt. Die Intensität
(Ergiebigkeit) der einzelnen Niederschläge wird mit der Höhe geringer, und von einer
bestimmten Höhenzone an kann die Zunahme der Häufigkeit diese Abnahme der Ergiebigkeit
nicht mehr ersetzen. In welcher Höhe diese Grenze erreicht wird, darüber fehlen noch
zureichende Beobachtungen. In den Alpen dürfte sie nicht viel oberhalb 2.<XX1 Meter
liegen. In sehr großen Höhen fällt der Winterschnee in Form feiner Eiskrystalle.
Es wurde schon früher bemerkt, daß in zusammengesetzten Gebirgen, welche aus
mehreren Ketten bestehen, wie die Alpen, die inneren Thäler zwischen den Außenketten viel
weniger Niederschlag erhalten als die der Außenketten, auch wenn sie viel höher liegen.
Besonders der Winter ist in ersteren trocken, weil die niedrig ziehenden Schneewolken zum
größten Theile von den Außenketten abgehalten werden. Mit den hoch ziehenden Sommer-
wolken ist dies weniger der Fall, und dazu kommen dann noch die localen Gewitterregen
der heißen Sommertage. In den Alpen nnd gleicherweise in den Thälern der hohen Tatra
und in Siebenbürgen finden wir daher zumeist relativ trockene Winter, dagegen sehr
ergiebige Sommerregen. Die Hauptmasse des Niederschlages drängt sich auf die warme
Jahreshälfte zusammen. Es verhält sich hier also ganz anders wie in den Mittelgebirgen.
Damit hängt noch eine andere Erscheinung zusammen, welche für das Klima der
Hochthäler in den genannten Gebirgen sehr charakteristisch ist. Es sind dies die vielen heiteren
Tage des Winters mit einem sehr kräftigen Sonnenscheine.
Während in ganz Mitteleuropa der Winter die Jahreszeit der häufigsten trüben und
ganz bedeckten Tage ist, verhält es sich in den Hochthälern umgekehrt. Der Winter ist die
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Band 2
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Band
- 2
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.77 x 26.41 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch