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Die höheren Gebirgszüge wirken auf die allgemeinen Luftströmungen auch derart
ein, daß sie denselben gewisse Eigenschaften nehmen, andere ihnen dagegen verleihen. Weht
ein feuchter Wind über einen höheren Gebirgszug, so nöthigt ihn dieser, seinen Wasser-
dampfgehalt auf der Seite, wo er emporsteigen mnß, größtentheils als Wolken oder Regen
und Schnee abzugeben. Aus der anderen Seite des Gebirgszuges ist dann dieselbe
Luftströmung trocken und der Himmel blau, nur die auf den Gipfeln und Kämmen fest
aufsitzenden Wolkenkappen verrathen dem kündigen Beobachter, was jenseits vorgehen mag.
Der gegen das Gebirge wehende Wind ist überall der wolkenbringende, nasse Wind, der
vom Gebirge herabkommende der trockene Schönwetterwind. So sind auf der Nordseite
der Alpen die Südost- und Südwinde trocken, warm und heiter, während gleichzeitig auf
der Südseite dauu meist Regenwetter herrscht. Die Nordwestwinde des Sommers, die uns
auf der Nordseite feuchtes, nasses Wetter bringen, wehen auf der Südseite als trockene
Winde bei heiterem Himmel oder zerstreutem Gewölk. In Galizieu, auf der Nordseite der
Karpathen, sind es die Nordwestwinde, welche im Sommer oft audauerude heftige
Regengüsse und Überschwemmungen bringe», auf der ungarischen Südseite sind es die
Südwest- und Südwinde. Häufig hat man in Wien im Sommer andauernden heftigen
warmen Südostwind bei heiterem Himmel oder leichtem Schleiergewölk, wobei große
Trockenheit herrscht und die Luft mit Staub erfüllt ist. Am nördlichen und nordöstlichen
Horizont sieht man dann in der Regel Gewitterbildungen und Abeuds heftiges Blitzen.
Meist vernimmt man dann, daß heftige Gewitter mit verheerendem Gußregen oder Hagel
über den angrenzenden Theilen von Mähren und Böhmen sich entladet haben oder an
der niederösterreichischen Landesgrenze selbst. Die Südwinde, die in der Gegend von Wien
über die Alpen herabwehen, sind hier trocken; wenn sie weiter im Norden wieder das
böhmisch-mährische Scheidegebirge hinauswehen oder schon im niederösterreichischen Wald-
viertel condensirt sich ihr Wasserdampf zu Gewitterregengüssen.
Auch für das nordwestliche Böhmen sind die Südost- und Ostwinde die Regen- und
Gcwitterwiude, bei Nordwest hingegen, der vom Erzgebirge herabweht, ist es trocken oder es
füllt doch nur wenig Regen, während auf der sächsischen Seite Regenwetter herrscht. Die
Bergländer Österreich-Ungarns haben deßhalb gleichzeitig meist eine verschiedene Witterung
in ihren verschiedenen Theilen; dieselbe allgemeine Witterungssituation bringt auf einer
Seite trübes Wetter und Regen, auf der anderen trockenes, heiteres Wetter. Nur wenn die
Gegend niedrigsten Luftdruckes über einem Berglande selbst liegt, ist das Wetter meist in
allen Theilen desselben schlecht, so wie allgemein schönes, ruhiges Wetter eintritt, wenn die
Gegend höchsten Luftdruckes sich dorthin verlagert.
In manchen Gebirgsthälern nimmt der vom Gebirge herabwehende Wind die
Eigenschaft der Trockenheit in besonders hohem Maße an, und er wird zugleich ganz
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Band 2
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Band
- 2
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 15.77 x 26.41 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch